Inhaltsverzeichnis
Covid-19 - sozialrechtliche Sonderbestimmungen
Die Ausbreitung des Coronavirus stellt viele Menschen vor allem psychisch und finanziell vor besondere Herausforderungen. Zur Abfederung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen, hat die Bundesregierung verschiedene Unterstützungen und sozialrechtliche Sonderregelungen auf den Weg gebracht.
So wurden vor allem im Rahmen der Sozialschutzpakete im März, Mai und November 2020 Regelungen getroffenen, mit denen die Belastungen des Arbeitsmarktes gemindert und vor allem Menschen mit geringem Einkommen unterstützt werden sollten.
Zu den weitreichendsten sozialrechtlichen Sonderregelungen zählen:
Vereinfachter Zugang zu Grundsicherungsleistungen
Menschen, die aufgrund der Maßnahmen zur Vermeidung des Coronavirus erhebliche Einkommenseinbuße erleiden, können vereinfacht Grundsicherungsleistungen beantragen. Für die Bewilligungszeiträume von Anfang März 2020 bis Ende Dezember 2021 gilt Folgendes:
- Die vor der Pandemie geltende Vermögensprüfung findet nicht statt. Bis zum 31.12.21 gilt ein Vermögensfreibetrag von 60.000 € für Singles (zuzüglich Altersvorsorgeleistungen), für jede weitere Person im Haushalt kommen noch 30.000 € dazu
- alle Kosten der Unterkunft und Heizung gelten als angemessen. Das Jobcenter erkennt die Kosten bei der Berechnung der Grundsicherung ungekürzt als Bedarf an
- vorläufige Entscheidungen über die Höhe des Einkommens werden nur auf Antrag des Leistungsberechtigten geprüft
- Folgeanträge zur Grundsicherung werden weiter bewilligt. Bei einem endgültigen Bewilligungsbescheid für weitere 12 Monate, bei einem vorläufigen Bescheid für 6 Monate
Ausführliche Informationen zum vereinfachten Zugang zur Grundsicherung (SGB II und SGB XII) liefert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter:
https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Anworten-zugang-sgb2/faq-zugang-sgb2.htmlhttps://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Anworten-zugang-sgb12/faq-zugang-sgb12.html
150 € für Grundsicherungsempfänger
Erwachsene Leistungsberechtigte der sozialen Mindestsicherungssysteme (Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Asylbewerberleistungen oder Leistungen aus dem sozialen Entschädigungsrecht) erhalten eine einmalige finanzielle Unterstützung in Höhe von 150 € pro Person für das erste Halbjahr 2021.
Wer Leistungen aus dem SGB II bezieht, wird zudem ein Schreiben seiner Krankenversicherung erhalten und sich damit 10 kostenfreie FFP2-Schutzmasken in der Apotheke abholen können.
Kurzarbeitergeld
Der Gesetzgeber hat aufgrund der Corona-Pandemie einen vereinfachten Zugang zum Kurzarbeitergeld beschlossen. Für einen diesbezüglichen Antrag auf Kurzarbeitergeld, welchen das Unternehmen (nicht der Arbeitnehmer) zu stellen hat, genügt es, wenn 10 % der Arbeitnehmer eines Unternehmens von dem Arbeitsausfall betroffen sind.
Kurzarbeitergeld ist für jeden Betrieb möglich, auch für Beschäftigte in Zeitarbeit. Beschäftigte müssen keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann. Beiträge für die Sozialversicherungen werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet. Diese Regelung gilt zunächst bis zum 31.12 2021.
Arbeitnehmer, die einen Arbeitsausfall von mindestens 50 % haben, erhalten ab dem 4. Monat ein erhöhtes Kurzarbeitergeld von 70 % des entfallenen Nettolohns (77 % für Arbeitnehmer mit Kindern) und ab dem 7. Monat von 80 % (87 % für Arbeitnehmer mit Kindern). Voraussetzung ist, dass der Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31.3.2021 entstanden ist.
Eine Nebenbeschäftigung kann bis zur Höhe des bisherigen Nettoentgelts ausgeübt werden. Minijobs, also geringfügige Beschäftigungen, werden bis zur vollen Höhe (max. 450 €) nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Einkommenseinbußen in Form von Kurzarbeitergeld im relevanten Zeitraum der Corona-Pandemie reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein.
Weitere Informationen zum Kurzarbeitergeld und den Corona-spezifischen Änderungen bietet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter:
https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Kurzarbeit/kurzarbeit.htmlhttps://www.bmas.de/DE/Service/Medien/Publikationen/a166-kurzarbeit-und-corona.html
Künstlersozialversicherung
Damit pandemiebedingt kein bestehender Versicherungsschutz in der Künstlersozialversicherung verloren geht, wurde die jährliche Mindesteinkommensgrenze von 3.900 € im Künstlersozialversicherungsgesetz für das Jahr 2020 und 2021 ausgesetzt.
Finanzielle Unterstützung von Familien
Unterstützung für Alleinerziehende
Als Unterstützung für Alleinerziehende wird der Entlastungsbetrag in der Einkommensteuer für 2020 und 2021 von derzeit 1.908 € auf 4.008 € angehoben.
Mehr Informationen: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie/finanzielle-unterstuetzung/faq-entlastungsbetrag-alleinerziehende-einkommmenssteuer
Lohnfortzahlungen wegen Kita- und Schulschließungen
Eltern, die ihre Kinder wegen Covid-19 bedingten Schul- oder Kitaschließungen selbst betreuen müssen und nicht arbeiten können, haben Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem Infektionsschutzgesetz. Voraussetzung ist, dass ihr Kind unter 12 Jahren alt und nicht behindert ist. Die finanzielle Entschädigung beträgt 67 % des entstandenen Verdienstausfalls (maximal 2.016 €) für längstens 10 Wochen pro erwerbstätigem Elternteil beziehungsweise 20 Wochen für Alleinerziehende. Die Gesetzesregelung über die Entschädigung gilt bis zum 31.03.2021.
Mehr Informationen: https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/Entschaedigung-Eltern/entschaedigung-eltern.html
Verlängerter Anspruch auf Kinderkrankengeld
Im Kalenderjahr 2020 wurde der Anspruch auf Kinderkrankengeld um 10 Tage angehoben. Eltern erhielten jeweils 15 Tage, Alleinerziehende insgesamt 30 Tage.
In 2021 sollen Eltern sich doppelt so lange für ihre Kinder krankschreiben lassen können wie üblich. Jedes Elternteil soll 10 zusätzliche Tage erhalten (20 zusätzliche Tage für Alleinerziehende). Der Anspruch soll auch gelten, wenn die Betreuung des Kindes aufgrund von pandemiebedingten Schul- oder Kitaschließungen erforderlich ist.
Mehr Informationen: https://www.haufe.de/sozialwesen/leistungen-sozialversicherung/kinderkrankengeld-anspruch-dauer-hoehe_242_485720.html
Kinderzuschlag
Eltern, die ihren eigenen Bedarf decken können, aber nicht ausreichend finanzielle Mittel für den Bedarf ihrer Kinder haben, können unter bestimmten Voraussetzungen Kinderzuschlag erhalten. Seit Ende Feburar 2021 gilt erneut die erleichterte Vermögensprüfung. Pandemie-bedingt genügt der Einkommensnachweis des letzten Monats vor Antragstellung, anstatt wie üblich die der vergangenen 6 Monate.
Kinderbonus
Wie bereits im vergangenen Jahr wird in 2021 ein Kinderbonus in Höhe von 150 € je Kind mit dem Kindergeld ausgezahlt. Da der Bonus bei Sozialleistungen nicht als Einkommen berücksichtigt wird, kommt er vor allem hilfebedürftigen Familien zugute. Für hochverdienende Eltern wird der Betrag mit dem Kindergeld verrechnet.
Gemeinsames Mittagessen
Bis Ende 2021 gelten Sonderregelungen zu den Bedarfen für eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen, Kitas und Werkstätten für Menschen mit Behinderung.
Digitale Endgeräte im Homeschooling
Familien, die Leistungen des SGB II beziehen und deren Kinder keine digitalen Endgeräte zur Teilnahme am Homeschooling besitzen, können dafür einen Zuschuss beim Jobcenter erhalten. Das Amt kann die Kosten im Einzelfall als Mehrbedarf in Höhe von bis zu 350 Euro anerkennen.
Anhebung der Hinzuverdienstgrenze für Rentner
Um die Weiterarbeit oder Wiederaufnahme einer Beschäftigung bei einer vorgezogenenen Altersrente zu erleichtern, wurde bis Ende 2020 die geltende Hinzuverdienstgrenze von 6.300 € auf 44.590 € angehoben.
Im Kalenderjahr 2021 wurde die Hinzuverdienstgrenze pandemiebedingt erneut angehoben. 46.060 € können Rentner ohne Kürzungen hinzuverdienen.
Mehr Informationen: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/RheinlandPfalz/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/2020-12-18_Hoehere_Hinzuverdienstgrenze.html
Weiterzahlung von Waisenrenten
Die Zahlung von Waisenrenten erfolgt auch bei einem Corona-bedingten späteren Beginn von Ausbildungen oder Freiwilligendiensten (§ 304 Abs. 2 SGB VI).
Sonderregelungen in der Pflege
Um Pflegende und Pflegebedürftige während der Pandemie zu entlasten und zu schützen, hat der Gesetzgeber einige Maßnahmen verabschiedet:
- Pflegebedürftige, die anstelle einer häuslichen Pflegehilfe das Pflegegeld beziehen, müssen halb- bzw. vierteljährlich eine Beratung abrufen (§ 37 Abs. 3 SGB XI). Von März bis September 2020 mussten diese Beratungen nicht stattfinden. Seit Oktober 2020 werden die Beratungen wieder regelmäßig durchgeführt und können auf Wunsch bis zum 31.03.2021 auch telefonisch oder digital erfolgen
- Pflegebegutachtungen finden bis 28.02.2021 ohne Hausbesuch sondern mittels strukturiertem Telefoninterview statt
- Der maximal erstattungsfähige Betrag von 40 € pro Monat für Pflegehilfsmittel wird bis zum 31.03.2021 auf 60 € pro Monat angehoben
- Seit dem 15.12.2020 haben Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland ab dem 60. Lebensjahr einen Anspruch auf kostenfreie FFP2-Schutzmasken, wenn sie zur Risikogruppen zählen. Mehr Informationen: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/guv-19-lp/schutzmv.html
- Um Pandemie-bedingte Versorgungsengpässe auszugleichen, können Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 bis zum 31.03.2021 den monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € auch für Hilfen außerhalb der geltenden Regelung einsetzen
- Pflegebedürftige aller Pflegegrade können ungenutzte Entlastungsbeträge aus 2021 noch bis zum 31.03.2021 nutzen
- Bis zum 31.03.2021 wird die Zahlung des Pflegeunterstützungsgeldes von 10 auf 20 Arbeitstage verlängert
Sonstige Regelungen
Krankschreibung per Telefon
Wie bereits von März bis Mai 2020 sind seit Mitte Oktober 2020 wieder telefonische Krankschreibungen bei Erkältungssymptomen bundesweit möglich. Die Sonderregelung gilt zunächst bis 30.06.21. Bei einer telefonischen Befragung überzeugen sich die niedergelassenen Ärzte vom Zustand der Patienten. Die Krankschreibung gilt bis zu 7 Tage und kann einmalig um weitere 7 Tage telefonisch verlängert werden.
Verordnung von Heil-, Hilfsmitteln und weiteren Leistungen
- Folgeverordnungen von häuslicher Krankenpflege können per Telefon/Videosprechstunde sowie rückwirkend für bis zu 14 Tage ausgestellt werden. Eine längere Verordnungsdauer muss medizinisch nicht begründet werden (gültig bis 30.09.21)
- Eine Heilmitteltherapie kann zusätzlich per Telefon/Videosprechstunde erneut verordnet werden. Die Verordnung bleibt auch gültig, wenn die Behandlung mehr als 14 Kalendertage unterbrochen wird (gültig bis 30.09.21)
- Krankentransporte für Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind und ambulant behandelt werden müssen, bedürfen keiner Genehmigung der Krankenkassen (gültig solange der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellt)
- Im Rahmen des Entlassmanagements können Krankenhäuser Bescheinigungen für ambulante Versorgungen bis zu 14 Tage nach Entlassung ausstellen. Zu den Leistungen zählen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, häusliche Krankenpflege, Hilfsmittel, Soziotherapie, Spezialisierte Amublante Palliativversorgung (SAPV) sowie Heilmittel
Eine Übersicht zu allen aktuellen Änderungen bietet die Kassenärztliche Bundesvereinigung unter:
https://www.kbv.de/media/sp/Coronavirus_Sonderregelungen_Uebersicht.pdf
Rehabilitationsmaßnahmen während Corona
Unter Einhaltung der geltenden Hygienevorschriften können Rehabilitationsmaßnahmen seit Mai 2020 wiederstattfinden.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund informiert online ausführlich zum Thema unter:
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Home/Corona_Blog/reha_faq.html
Ansprechpartner und weitere Informationsquellen
Allgemeine Informationen zur Corona-Pandemie liefert das Robert-Koch-Institut,
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/nCoV.html
die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
https://www.infektionsschutz.de/coronavirus/
oder das Bundesministerium für Gesundheit
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus.html
Eine telefonische Beratung erhalten Sie beispielsweise hier:
- Der Patientenservice
Das Service-Telefon ist ganztägig erreichbar und bietet schnelle, qualifizierte ärztliche Hilfe auch bei Fragen zum Coronavirus.
Telefon: 11 6 11 7
Mehr Informationen unter: https://www.116117.de/de/coronavirus.php
- Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit
Das Bundesministerium für Gesundheit bietet eine kostenfreie Hotline zum Coronavirus an.
Telefon: 030 346 465 100 (Mo. - Do. 8 - 18 Uhr, Fr. 8 - 12 Uhr)
- Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)
Die UPD beantwortet Fragen zu gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Themen.
Telefon: 0800 011 77 22 (Mo. - Fr. 8 - 18 Uhr, Sa. 8 - 16 Uhr)