Wichtigste Änderungen im Sozialrecht 2022
Neue Regelbedarfe in der Grundsicherung
Ab dem 01.01.2022 werden die Regelbedarfsstufen (RBS) erhöht. Sie gelten in der Grundsicherung für Arbeitssuchende, in der Sozialhilfe sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz:
RBS 1 | Alleinstehende / alleinerziehende Leistungsberechtigte / volljährige Personen mit einem minderjährigen Partner | 449 € |
RBS 2 | Volljährige Partner in einer Bedarfsgemeinschaft (jeweils) | 404 € |
RBS 3 | Volljährige Personen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres oder Personen unter 25 Jahren, die ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umziehen (SGB II) / Erwachsene in stationären Einrichtungen (SGB XII / AsylbLG) | 360 € |
RBS 4 | Jugendliche von 14 bis 17 Jahren | 376 € |
RBS 5 | Kinder von 6 bis 13 Jahren | 311 € |
RBS 6 | Kinder bis 5 Jahren | 285 € |
2022 erhöht sich die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf. Im 1. Schulhalbjahr beträgt sie 104 € und im 2. Halbjahr 52,00 €.
Sozialversicherungsrechengrößen
Die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung werden alljährlich gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr angepasst.
West | Ost | |
Monat / Jahr in € | Monat / Jahr in € | |
Beitragsbemessungsgrenze Rentenversicherung |
7.050 / 84.600 | 6.750 / 81.000 |
Beitragsbemessungsgrenze
Arbeitslosenversicherung |
7.050 / 84.600 | 6.750 / 81.000 |
Versicherungspflichtgrenze
Kranken- u. Pflegeversicherung |
5.362,50 / 64.350 | 5.362,50 / 64.350 |
Beitragsbemessungsgrenze
Kranken- u. Pflegeversicherung |
4.837,50 / 58.050 | 4.837,50 / 58.050 |
Bezugsgröße
in der Sozialversicherung |
3.290* / 39.480* | 3.150 / 37.800 |
* im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung gilt für die neuen Bundesländer die Bezugsgröße West. Die abweichende Bezugsgröße für den Rechtskreis Ost hat nur noch Bedeutung für die Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung
Pflege
In der gesetzlichen Pflegeversicherung ändern sich 2022 folgende Regelungen:
- Versicherungsbeitrag: Für kinderlose Arbeitnehmer ab dem 23. Lebensjahr steigt der Beitrag in der gesetzlichen Pflegeversicherung auf 0,35 % des Bruttogehalts.
- Eigenanteil Pflegeheim: Menschen, die in stationären Einrichtungen der Pflege leben, erhalten nun erstmalig einen Zuschlag zu dem Eigenanteil der Pflegekosten. Er muss nicht zurückgezahlt werden und kann von den Pflegekassen direkt an die Pflegeheime gezahlt werden. Die Höhe des Leistungszuschlags hängt davon ab, wie lange die Pflegebedürftigen bereits vollstationär gepflegt werden:
- 5 % Zuschlag innerhalb des 1. Jahres
- 25 % nach 12 Monaten
- 45 % nach 24 Monaten
- 70 % nach 36 Monaten
- Pflegesachleistungen: Im neuen Jahr steigen die Zuschüsse für Pflegesachleistungen in der häuslichen Pflege:
- Pflegegrad 2 bis zu 724 €
- Pflegegrad 3 bis zu 1.363 €
- Pflegegrad 4 bis zu 1.693 €
- Pflegegrad 5 bis zu 2.095 €
- Kurzzeitpflege: Die Pflegekasse übernimmt 10 % mehr der Leistungsbeträge zur Kurzzeitpflege. Somit können pflegebedingte Aufwendungen während der bis zu 8-wöchigen Kurzzeitpflege in Höhe eines Gesamtbetrags von 1.774 € angerechnet werden. Wenn keine Verhinderungspflege in Anspruch genommen wurde, kann dieser Betrag auf 3.386 € aufgestockt werden.
- Pandemiebedingte Maßnahmen:
- bis zum 30. Juni 2022 können Arbeitnehmer weiterhin 20 anstatt 10 Tage von der Arbeit fernbleiben, um in Notsituationen kurzfristig die Pflege eines Angehörigen zu organisieren. Währenddessen haben Sie Anspruch auf das Pflegeunterstützungsgeld im Rahmen der Pflegezeit.
- im Einzelfall können die Medizinischen Dienste bis Ende Juni 2022 weiterhin die Pflegebedürftigkeit der Versicherten mithilfe eines strukturierten Telefoninterviews anstatt der eigentlichen persönlichen Untersuchung im häuslichen Umfeld durchführen. Auch die Beratungsbesuche bei Pflegegeldempfängern können bis Ende Juni telefonisch oder digital durchgeführt werden.
Gesundheit
Folgendes ändert sich im Bereich Gesundheit:
- seit dem 1. Januar 2022 läuft die bundesweite Testphase zur Ausstellung von E-Rezepten. Die digitalen Arztrezepte zielen darauf ab, die Behandlung mit Arzneimitteln sicherer zu gestalten, Abläufe in der Arztpraxis und der Apotheke zu vereinfachen sowie die Zettelwirtschaft im Gesundheitswesen zu minimieren. Die flächendeckende Umsetzung soll voraussichtlich noch bis Mitte 2022 andauern.
- die elektronische Patientenakte (ePA) wurde zu Beginn des Jahres weiterentwickelt. Beispielsweise besitzen Patienten mehr Steuerungsmöglichkeiten.
- auch im Jahr 2022 werden die Kinderkrankengeldtage erhöht. Gesetzlich Versicherten stehen für ihr ebenfalls gesetzlich versichertes Kind 30 statt 10 Tage zu. Alleinerziehende haben Anspruch auf 60 statt 20 Tage.
- wer einen Erkrankten mit einer Behinderung als sogenannte Assistenz im Krankenhaus zu einer Behandlung begleitet, hat ab 1. November 2022 einen Anspruch auf Krankengeld. Voraussetzung ist, dass ein Verdienstausfall entsteht und die Begleitperson keine Leistungen der Eingliederungshilfe erhält.
Rente
Nach einer Zum 01. Juli 2022 werden die Renten erhöht. Der aktuell geltende Rentenwert West in den alten Bundesländer steigt um 5,35 %. Ein Rentenpunkt (Entgeltpunkt) ist künftig 36,02 € wert.
In den neuen Bundesländern wächst der aktuelle Rentenwert Ost um 6,12 % auf 35,52 €.
Auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales finden Sie einen Artikel mit Fragen und Antworten zur Rentenanpassung 2022. Darin wird u. a. erklärt, wie genau die Rentenerhöhung berechnet wird und wie sich das Rentenniveau entwickelt.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
Durch die Umsetzung des Teilhabestärkungsgesetz treten zum neuen Jahr einige Verbesserungen im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben in Kraft.
- das Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) wird erweitert. Dadurch wird Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten, eine reguläre Berufsausbildung ermöglicht.
- es werden einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber (§ 185a SGB IX) eingeführt, die Arbeitgeber bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen informieren, beraten und unterstützen können.
Erhöhung des Mindestlohns
Der gesetzliche Mindestlohn wurde zu Jahresbeginn auf 9,82 € angehoben. Zum 01. Juli 2022 folgt eine weitere Erhöhung auf 10,45 €.
Auch für Auszubildende, die in einem nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung geregelten Beruf ausgebildet werden und deren Ausbildung ab dem 1. Januar 2020 begonnen hat, steigt die Mindestvergütung. Wer ab dem 1. Januar 2022 eine Ausbildung beginnt, erhält im 1. Ausbildungsjahr mindestens 585 € monatlich, im 2. Jahr 690 € und im dritten Lehrjahr 790 €.