Zuletzt aktualisiert am 3. Mai 2022
Informationen zu ADHS für Eltern und Fachkräfte
Ein Kind mit ADHS1 zu erziehen, kann für Eltern und Betreuungspersonen sehr anstrengend sein. Aufmerksamkeit und Geduld sowie Strategien für ein harmonisches Miteinander sind gefragt.
Die Auswirkungen von ADHS und das Verhalten der Kinder können besonders durch den erzieherischen Einfluss ihrer Bezugspersonen positiv beeinflusst werden. Es gibt einige praxisnahe und einfache Tipps, mit denen der Alltag besser bewältigt und die Kinder unterstützt werden können.
Die Stärken des Kindes wahrnehmen
Die positiven Eigenschaften werden bei ADHS oft übersehen. Betroffene verfügen häufig über tolle Ressourcen wie Kreativität, Wissbegierde, Fantasie, Interesse an allem Neuen und einem guten visuellen Gedächtnis. Fasziniert sie eine Thematik, können sie konzentriert und ausdauernd arbeiten, sie „hyperfokussieren“ die Tätigkeit. Außerdem zeichnen sich Kinder mit ADHS häufig durch Spontanität, Flexibilität, körperliche Fitness, Spaß an Bewegung und soziale Fairness aus. Eine positive Wahrnehmung hilft dabei, schwierige Phasen zu überbrücken und dem Kind Wertschätzung zu zeigen.
Das Kind häufig loben
Kindern mit ADHS fällt es schwerer als anderen, Regeln einzuhalten und Aufgaben zu beenden. Da positive Verstärkung erwünschtes Verhalten fördert, ist es wichtig, das Kind zu loben, wenn ihm dies gelingt. Bereits die Anstrengungsbereitschaft sowie kleine Teilerfolge sollten dabei anerkannt werden.

Dem Alltag eine klare Struktur geben
Für betroffene Kinder ist es sehr wichtig, den Alltag zu strukturieren. Feste Abläufe geben den Kindern Orientierung, Halt und Sicherheit und können beispielsweise durch kindgerechte Tagespläne oder Kalender verdeutlicht werden. Gleichzeitig sind auch eine gewisse Flexibilität im Alltag sowie die bedarfsgerechte Anpassung der Tagesstrukturen an die Möglichkeiten und Bedürfnisse des Kindes essenziell.
Klare Regeln aufstellen
Familienregeln, um deren Einhaltung sich jedes Familienmitglied bemüht, sind für Kinder ein wichtiger Anker. Dabei sollten Eltern auf eine verständliche und genau Kommunikation achten, also z. B. statt „Räum bitte dein Zimmer auf!“ besser die Formulierung „Räum bitte alle Sachen vom Boden auf und lege sie in die große gelbe Kiste!“ verwenden.
Um einen kleinen Anreiz zur Einhaltung der Regeln zu schaffen, können Eltern und Fachkräfte gemeinsam mit dem Kind ein Belohnungsystem erstellen. In Belohnungsplänen, die für alle sichtbar aufgehängt werden, werden vorab gemeinsam alltägliche Aufgaben bzw. Regeln vereinbart. Erfüllt das Kind diese Aufgabe, erhält es dafür einen Punkt. Bei einer bestimmten Punktzahl kann eine vorher vereinbarte Belohnung eingelöst werden.
Ein ansprechend gestalteter Punkteplan kann unter folgendem Link heruntergeladen, ausgedruckt und anschließend aufgehängt werden.
Regelverletzungen angemessen begegnen
Grobe Vergehen können und sollten nicht ignoriert werden. Konsequenzen sollten dabei immer in einem zeitlichen und logischen Zusammenhang mit der zu kritisierenden Handlung stehen. Am wirksamsten sind „logische Konsequenzen“.
Die Familie plant einen Ausflug in den Zoo. Das Kind trödelt jedoch beim Anziehen, spielt stattdessen und beschäftigt sich mit anderen Dingen.
Die Eltern bitten das Kind nachdrücklich sich anzuziehen und bieten ggfls. Hilfe an. Reagiert das Kind nicht, kündigen sie ihm an, dass der Ausflug ausfallen muss, wenn es sich nicht beeilt. Zur zeitlichen Orientierung können sie einen Wecker oder eine Eieruhr stellen. Ist die Zeit abgelaufen, das Kind aber immer noch nicht angezogen, bleibt die Familie zu Hause, weil es sich nun nicht mehr lohnen würde zum Zoo zu fahren.
Empathisch und verständnisvoll bleiben
In herausfordernden Situationen sollten Eltern Beschimpfungen oder Ablehnungen des Kinders nicht persönlich nehmen, sondern auf empathische Weise die Ursache des auffälligen Verhaltens ergründen. Mit Ruhe, Geduld, aber auch Konsequenz können sie die starken Gefühle des Kindes abfangen und vermindern.

Ausgleich zwischen Bewegung und Entspannung schaffen
Der ausgeprägte Bewegungsdrang betroffener Kinder sollte durch gezielte sportliche Aktivitäten gefördert werden. In konzentrierten Lernphasen können zwischendurch kurze Bewegungszeiten hilfreich sein.
Auch Entspannung, entweder passiv, beispielsweise durch das Hören von Musik oder Geschichten, oder durch aktive Entspannungsverfahren, wie Yoga, Körpermassagen oder Atemübungen, sollten Eltern und Fachkräfte fördern.
Eine intensive Lehrer-Eltern-Kommunikation pflegen
Um Kinder mit ADHS auch im Schulalltag individuell zu fördern und Konflikten vorzubeugen, sollten Eltern und Lehrer sich intensiv austauschen. Wenn die Schule über die Diagnose informiert ist, kann dies das Verständnis fördern und die fälschliche Annahme einer Minderbegabung verhindern. Der Schulalltag kann beispielsweise durch einen festen Sitzplatz des Schülers, visualisierte Tages- und Wochenpläne oder ausreichend Bewegungspausen erleichtert werden.
Eine umfassende Broschüre zum Thema „ADHS und Schule“ ist auf der Internetseite des gemeinnützigen Selbsthilfevereins ADHS Deutschland e. V. unter www.adhs-deutschland.de zum Download verfügbar.
Auf sich selbst achten
Kinder mit ADHS können viel Kraft kosten. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern auf ihre eigenen Bedürfnisse und ausreichend Zeit zur Entspannung achten. In Selbsthilfegruppen können sie Erfahrungen und Probleme mit anderen Eltern austauschen sowie Hilfs- und Informationsangebote nutzen.
Einen anschaulich und praxisnah gestalteten Online-Ratgeber bietet die AOK mit dem „ADHS-Elterntraining“. Das videogestützte Programm hilft bei typischen Erziehungsproblemen und ist besonders geeignet für hyperaktive und impulsive Kinder – mit oder ohne ADHS-Diagnose. Online abrufbar unter adhs.aok.de/.
1Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in dieser Broschüre für die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung die Abkürzung ADHS verwendet, obgleich natürlich auch Ausprägungen der Störung ohne Hyperaktivität (H) existieren.