Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2021
Beratungs- und Prozesskostenhilfe
(BerHG, § 114 ff. ZPO)
Wer in rechtlichen Angelegenheiten Beratung und Unterstützung benötigt, dies aber nicht selbst finanzieren kann, kann Anspruch auf Beratungs- und/oder Prozesskostenhilfe haben.
Beratungshilfe deckt die außergerichtliche Rechtsberatung und Rechtsvertretung ab.
Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, können Betroffene Prozesskostenhilfe beantragen.
Inanspruchnahme der Beratungshilfe
Beratungshilfe gilt als Unterstützung für die Wahrnehmung von Rechten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens. Die Hilfe kann entweder in Form eines fachkundigen rechtlichen Rates oder durch eine rechtliche Vertretung erbracht werden, falls weiterführende Unterstützung benötigt wird, um die eigenen Rechte gegenüber Dritten geltend zu machen. So verfasst die Beratungsperson (Rechtsanwalt o.a.) beispielsweise einen Brief oder tätigt ein Telefonat, in denen der Sachverhalt und der Rechtsstandpunkt des hilfesuchenden Klienten deutlich werden.
Beratungshilfe wird für alle rechtlichen Bereiche gewährt, z. B. im Sozialrecht (Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosenversicherung etc.), Zivilrecht (Kaufrecht, Mietrecht, Schadensersatzansprüche etc.) oder Arbeitsrecht (Kündigungen etc.). Zu Angelegenheiten aus dem Straf- und Ordnungswidrigkeitsrecht können sich Betroffene zwar beraten lassen, eine außergerichtliche, anwaltliche Vertretung erhalten sie aber nicht, da sie Anspruch auf einen Pflichtverteidiger haben.
Voraussetzungen
- die Beratung oder Vertretung durch einen Rechtsanwalt kann nicht aus eigenen Mitteln finanziert werden. Dies liegt vor, wenn der Ratsuchende die Voraussetzungen für den Erhalt von Prozesskostenhilfe (s.u.) erfüllt, ohne dass er einen Betrag aus seinem Einkommen oder Vermögen zusätzlich aufbringen müsste
- es liegt kein Mutwillen vor, d. h. in einer vergleichbaren Situation würde eine Person mit besserem finanziellen Hintergrund einen Rechtsanwalt auf eigene Kosten beauftragen
- es bestehen keine anderen Hilfsmöglichkeiten (z. B. Beratung durch Rechtsschutzversicherung, Verbraucherzentrale, Mitgliedschaft im Sozialverband VdK oder einer Gewerkschaft)
Praktisches Vorgehen
- Schilderung der Problematik beim zuständigen Amtsgericht
- Offenlegung der persönlichen und finanziellen Situation
- der Rechtspfleger des Amtsgerichtes kann durch eigene Beratungsleistung oder den Hinweis auf eine andere Beratungsstelle das Problem beheben
oder
- das Amtsgericht stellt einen Berechtigungsschein zur Beratung durch einen Rechtsanwalt oder durch einen in einer Kammer organisierten Rechtsbeistand aus
Sie können auch direkt eine zur Beratung befugte Person aufsuchen, dort ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse offenlegen und Beratungshilfe in Anspruch nehmen. Allerdings müssen Sie in diesem Falle spätestens innerhalb von 4 Wochen nach dem ersten Beratungsgespräch einen schriftlichen Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe beim Amtsgericht stellen. Antragsvordrucke gibt es bei den Amtsgerichten, bei den Beratungspersonen oder im Internet:
Die Beratung und die Ausstellung eines Berechtigungsscheines durch das Amtsgericht sind kostenfrei.
Die Beratung oder Vertretung durch eine Beratungsperson kostet maximal 15 €, wird aber auch häufig erlassen.
Wird die Beratungshilfe nachträglich beantragt und die Genehmigung vom Amtsgericht abgelehnt, kann die Beratungsperson eine Vergütung für die erfolgte Beratung in Rechnung stellen, sofern sie bei Mandatsübernahme darauf hingewiesen hat.
Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe
Voraussetzungen
Wer aufgrund fehlender finanzieller Mittel die Kosten für eine Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, hat die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu beanspruchen. Die Leistung wird nur gewährt, wenn hinreichend Erfolgsaussichten für den Rechtsstreit bestehen.
Praktisches Vorgehen
- Antrag auf Prozesskostenhilfe beim zuständigen Prozessgericht stellen
- Innerhalb des Antrags den Sachverhalt unter Angabe der Beweismittel darstellen
- Dem Antrag ebenfalls eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beilegen
Das Antragsformular zur "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe" ist online abrufbar unter
"Antrag auf Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe":
Kosten
Je nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Betroffenen, übernimmt die Prozesskostenhilfe teilweise oder komplett die Kosten für Gericht und Rechtsanwalt.
Wichtig: Kosten, die der gegnerischen Seite erstattet werden müssen, werden unabhängig vom Prozessausgang nicht durch die Prozesskostenhilfe finanziert. Bei verlorenem Prozess müssen daher i.d.R. die Kosten der Gegenpartei selbst gezahlt werden (mit Ausnahme in arbeitsgerichtlichen Streitgkeiten der 1. Instanz).
Wie hoch das einzusetzende Einkommen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist, können Sie beim Amtsgericht oder beim Rechtsanwalt erfragen.
Anlaufstellen und weitere Informationsquellen
Beim Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz steht kostenfrei die Broschüre "Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe" zum Download bereit:
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Beratungs_PKH.pdf?__blob=publicationFile&v=14