Zuletzt aktualisiert am 16. September 2022

Betriebliches Eingliederungsmanagement

(§ 167 Abs. 2 SGB IX)

Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gilt als Mittel zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit eines Arbeitnehmers. Es soll helfen die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, einer erneuten Krankheit vorzubeugen sowie das bestehende Arbeitsverhältnis zu erhalten. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob die gesundheitliche Gefährdung arbeitsbedingt ist oder nicht.

Laut Gesetz sollen Arbeitgeber Beschäftigten ein BEM anbieten, wenn sie innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen arbeitsunfähig erkranken. Die Betriebsgröße ist dabei nicht entscheidend.

Hinweis: Es spielt keine Rolle, ob die Erkrankung 6 Wochen am Stück andauert oder mehrere Kurzzeit-Erkrankungen insgesamt 6 Wochen ergeben.

Ablauf BEM

Zu Beginn des BEM-Verfahrens ermitteln Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam, welche betrieblichen Gegebenheiten die Arbeitsunfähigkeit ausgelöst oder begünstigt haben. Daraufhin können individuelle Hilfen oder Maßnahmen vereinbart werden, die zum Ziel haben, Krankheitszeiten zu reduzieren und „gesunde“ Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Folgender Ablauf wird empfohlen:

  • Dauer der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für das BEM feststellen
  • Kontakt zu dem arbeitsunfähigen Mitarbeiter aufbauen und seine Zustimmung zum BEM-Verfahren einholen (Hinweis: Der Mitarbeiter darf das BEM auch ablehnen oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zustimmen)
  • Erstgespräch führen, Situation besprechen und individuelle Maßnahmen festlegen
  • Vereinbarungen umsetzen
  • Ergebnis überprüfen

Hinweis: Lehnt der Beschäftigte das BEM ab oder bietet der Arbeitgeber es nicht an, hat dies keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen. Allerdings gelten personen- bzw. krankheitsbezogene Kündigungen bevor ein BEM angeboten oder durchgeführt wurde, als unverhältnismäßig und sozialwidrig. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle Alternativen zu einer krankheitsbedingten Kündigung ernsthaft zu prüfen.

Maßnahmen des BEM

Die konkret vereinbarten Maßnahmen können sehr vielfältig sein. Sie reichen von technischen oder organisatorischen Arbeitsplatzanpassungen, der Durchführung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme oder einer stufenweisen Wiedereingliederung in den betrieblichen Alltag hin zu Weiter- oder Fortbildungen.

 

Beispiel

Frau M., 46 Jahre alt, arbeitet als Krankenpflegerin und ist seit Februar 2019 in unregelmäßigen Abständen krank (im Juni 2018 insgesamt 6 Wochen). Nach einem einmonatigen Krankenhausaufenthalt im Juli erhält sie die Diagnose „Angststörung und Depression“ und befindet sich im Anschluss daran in ambulanter therapeutischer Behandlung. Sie ist weiterhin arbeitsunfähig krankgeschrieben. Anfang September wird Frau M. von ihrem Arbeitgeber zu einem betrieblichen-Eingliederungsmanagement-Gespräch eingeladen, das sie jedoch ablehnt, da sie sich psychisch dazu noch nicht bereit fühlt.

Mitte November bittet Frau M. selbst erneut um ein Gespräch, da sie sich inzwischen vorstellen kann ihren Beruf langfristig wiederaufzunehmen und ihre Therapeutin diesem Vorhaben ebenfalls zustimmt. Gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber wird beschlossen, dass Frau M. eine stufenweise Wiedereingliederung durchführt. In Abstimmung mit ihrem behandelnden Hausarzt wird ein Wiedereingliederungsplan erstellt, der vorsieht, dass sie ihre tägliche Arbeitszeit von 4, auf 6 bis schließlich 8 Stunden stufenweise steigert. Währenddessen wird sie in regelmäßigen Abständen von ihrem Arzt untersucht und nimmt im Januar 2020 wieder ihre Vollzeittätigkeit auf.

Beteiligte im BEM-Verfahren

Zu den Beteiligten in einem BEM-Verfahren zählen hauptsächlich der erkrankte Mitarbeiter, der Arbeitgeber, der Betriebs- oder Personalrat bzw. die Interessenvertretung sowie ggfls. die Schwerbehindertenvertretung.

Bei Bedarf kann ebenfalls der Arbeitsschutzbeauftragte oder der betriebliche Sozialarbeiter hinzugezogen werden.

Zuständigkeiten der Leistungsträger

Bei der beruflichen Eingliederung kommen in der Regel die gesetzliche Krankenversicherung,  Rentenversichung, Unfallversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit als Leistungsträger in Frage (nähere Informationen im Artikel: "Leistungen zur Rehabilitation")

Die Rehabilitationsträger sind verpflichtet umfassend über Rehabilitationsmaßnahmen zu informieren und bei allen Fragen zur Durchführung eines BEM zu unterstützen.

Anlaufstellen und weiterführende Informationen

Ein individuelles Beratungsangebot (z.B. welcher Rehabilitationsträger zuständig ist oder welche individuellen Möglichkeiten der Teilhabe existieren) bieten zahlreiche Beratungsstellen vor Ort an.

Beratungsangebote der Rehabilitationsträger und Integrationsämter (insbesondere bei Fragen zur Rehabilitation im Bereich der Krankenversicherung, Unfallversicherung, der Bundesagentur für Arbeit und dem Jobcenter):

www.bar-frankfurt.de/service/datenbanken-verzeichnisse/adressenverzeichnis.html

www.bih.de/integrationsaemter/kontakt/

Beratungsangebote der Träger der Deutschen Rentenversicherung:

www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Beratung-und-Kontakt/beratung-und-kontakt_node.html

Beratungsangebot der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung. Dabei erfolgt die Beratung von Betroffenen, die selbst mit einer Behinderung leben, für Betroffene:

www.teilhabeberatung.de/

Die kostenfreie Broschüre "Schritt für Schritt zurück in den Job" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) bietet umfangreiche Informationen zum BEM-Verfahren unter: 
www.bmas.de/DE/Service/Mediathek/mediathek.html

Das BMAS berät am Bürgertelefon zudem kostenfrei zum Thema "Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsförderung" unter 030 221 911 003
Das Bürgertelefon des BMAS ist von montags bis donnerstags zwischen 8.00 und 20.00 Uhr erreichbar.

Das Portal zu Arbeitsleben und Behinderung "Talent Plus" bietet neben Informationen zum BEM-Verfahren ebenfalls eine Liste mit den vielfältigen Maßnahmen, die bei einem BEM ergriffen werden können. Abrufbar unter:

www.talentplus.de/im-job/sicherheit-und-gesundheit/betriebliches-eingliederungsmanagement-bem/

Stufenweise Wiedereingliederung

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