Zuletzt aktualisiert am 5. Juli 2022
Blindenhilfe
(§ 72 SGB XII)
Das Sozialamt unterstützt blinde, sozialhilfeberechtigte Menschen im Rahmen der Hilfe in anderen Lebenslagen mit der Blindenhilfe. Mit dieser Leistung sollen durch die Blindheit bedingte Mehraufwendungen ausgeglichen werden. Sie kann aufstockend zum Blindengeld gewährt werden.
Voraussetzungen
Als blind gilt eine Person
- mit vollständigem Verlust des Augenlichts
oder
- deren Gesamtsehstärke nicht mehr als ein Fünfzigstel (2 %) beträgt
oder
- mit damit gleichzusetzenden, nicht nur vorübergehenden Störungen des Sehvermögens wie Gesichtsfeldeinschränkungen oder Nachtblindheit
Wenn Betroffene Anspruch auf Blindenhilfe haben, wird zunächst geprüft, ob Angehörige wie Lebenspartner, Kinder oder Eltern gegebenenfalls unterhaltspflichtig bzw. fähig sind den Mehrbedarf zu decken. Dazu werden die Einkommens- und Vermögensverhältnisse dieser Personen überprüft (siehe auch: Einsatz des Einkommens und Vermögens bei der Sozialhilfe).
Blindenhilfe können Betroffene beim zuständigen Sozialamt beantragen.
Höhe der Leistung
Die Höhe der Blindenhilfe beträgt:
- vor Vollendung des 18. Lebensjahres: 403,89 €
- nach Vollendung des 18. Lebensjahres: 806,40 €
Der Betrag ändert sich jeweils um den Prozentsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert der gesetzlichen Rentenversicherung verändert (immer zum 1. Juli jeden Jahres).
Nachrangigkeit gegenüber anderen Sozialleistungen
Die Blindenhilfe wird als Sozialhilfeleistung nur gewährt, wenn der Betroffene von anderen Stellen keine gleichartigen Leistungen erhält. Sie ist also nachrangig gegenüber allen anderen Leistungen, die ebenfalls den durch die Blindheit verursachten Mehraufwand ausgleichen sollen. Hierzu gehören neben dem Blindengeld auch die Pflegezulage für Kriegsblinde, das Pflegegeld für Unfallblinde, Schadensersatz- und Schmerzensgeldzulagen sowie Leistungen der Unfall-, Renten- und Krankenversicherung und Agentur für Arbeit.
Vorrangig erhalten blinde Menschen Blindengeld. Übersteigen Einkommen und Vermögen des Betroffenen nicht die Einkommensgrenze nach dem SGB XII, kann er aufstockend Blindenhilfe beziehen.
In Bayern erhalten Erwachsene 685 € Blindengeld. Die Blindenhilfe nach Bundesrecht beträgt 806,40 €. Ein erwachsener Blinder mit Wohnsitz in Bayern bekommt also 685 € Blindengeld und zusätzlich aufstockend 121,40 € (806,40 € - 685 €) Blindenhilfe.
Voraussetzung: Die geltenden Einkommens- und Vermögensgrenzen werden nicht überschritten.
Einkommens- und Vermögensanrechnung
Ob und in welcher Höhe Blindenhilfe gezahlt wird, ist abhängig von Einkommen und Vermögen des Betroffenen bzw. seiner Angehörigen (siehe auch: Einsatz des Einkommens und Vermöges bei der Sozialhilfe).
Sparen Leistungsberechtigte ein Vermögen aus dem ausgezahlten Blindengeld an, darf dieses nicht bei der Hilfe zum Lebensunterhalt berücksichtigt werden. Der blinden Person soll es möglich sein, mit dem angesparten Blindengeld zu einem späteren Zeitpunkt höhere blindenspezifische Ausgaben zu tätigen, ohne dass dies nachgewiesen werden muss.
Wenn blinde Personen die Einkommensgrenze überschreiten, wird ein Betrag in Höhe von 60 % über der Einkommensgrenze nicht angerechnet (§ 87 Abs.1 S. 3 SGB XII).
Ein verheirateter blinder Erwachsener hat ein monatliches Nettoeinkommen von 1.300 €.
Da er Blindenhilfe erhält, wird ihm ein Freibetrag in Höhe des zweifachen Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1 gewährt: 898 € zzgl. 314,30 € für den Ehepartner (sog. Familien- oder Ehegattenzuschlag = 70% des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1).
Ihm wird also ein Freibetrag von insgesamt 1.212,30 € gewährt.
1.300 € abzgl. 1.212,30 € = 87,70 € liegen über der Einkommensgrenze. Davon bleiben nun 60 % zusätzlich anrechnungsfrei: 60 % von 87,70 € = 52,62 €
Auf die Blindenhilfe angerechnet werden also: 87,70 € abzgl. 52,62 € = 35,08 €
Kürzung bei Erhalt von Pflegeleistungen
Erhält der Betroffene Leistungen bei häuslicher Pflege, werden diese auf die Blindenhilfe angerechnet.
- bei Pflegebedürftigen des Pflegegrads 2 werden 50 % des Pflegegelds (316 € x 0,5 = 158 €) angerechnet
- bei Pflegebedürftigen der Pflegegrade 3, 4 und 5 werden 40 % des Pflegegelds des Pflegegrads 3 (545 € x 0,4 = 218 €), jedoch maximal 50 % des o.g. Blindenhilfe-Betrags, angerechnet
Ein blinder Erwachsener, wohnhaft in Bayern, erhält Pflegegeld in Pflegegrad 2 in Höhe von 316 €. Dieses wird zu 50 % auf das Blindengeld (685 €) angerechnet:
50 % von 316 € = 158 € des Pflegegeldes werden auf das Blindengeld angerechnet.
685 € abzgl.158 € = 527 € Blindengeld.
Der Betroffene kann maximal 806,40 € Blindenhilfe erhalten. Das Pflegegeld wird wiederum zu 50 % auf die Blindenhilfe angerechnet: 50 % von 316 € = 158 €
806,40 € abzgl. 158 € = 648,40 € werden maximal an Blindenhilfe gewährt.
Da Blindengeld vorrangig der Blindenhilfe gezahlt wird, kann nur der Differenzbetrag aufstockend gewährt werden.
648,40 € (Blindenhilfe) abzgl. 527 € (Blindengeld) = 121,40 €
Die ergänzende Blindenhilfe beträgt 121,40 €
Voraussetzung: Die geltenden Einkommens- und Vermögensgrenzen werden nicht überschritten.
Bezug von Blindenhilfe in Einrichtungen
Befinden sich erblindete Personen in einer stationären Einrichtung deren Leistungen aus öffentlich-rechtlichen Mitteln erbracht werden, beispielsweise in einem Pflegeheim, so wird die Blindenhilfe ab dem zweiten Bezugsmonat gekürzt. Die Kürzung beträgt jedoch höchstens 50 % der Blindenhilfe.
Für jeden vollen Tag, den der Leistungsberechtigte sich nicht in der Einrichtung aufhält, wird ein Dreißigstel des Betrages gewährt.
Voraussetzung: Der Leistungsberechtigte ist länger als 6 zusammenhängende Tage abwesend.
Mit der Trennung der Leistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen zum 01.01.2020 im Rahmen der 3. Reformstufe des Bundesteilhabegesetz, wird die Blindenhilfe nicht mehr gekürzt, wenn Menschen mit Behinderung in "besonderen Wohnformen" leben. Diese zählen nicht länger als stätionäre Einrichtungen im Sinne des § 72 Abs. 3 SGB XII.
Für das Landesblindengeld bestehen je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen.
Ausschluss
Neben der Blindenhilfe kann keine Hilfe zur Pflege bezogen werden. Ebenfalls ausgeschlossen ist der Barbetrag als Taschengeld.
Bei der Beantragung müssen Sie die Beeinträchtigung Ihrer Sehfähigkeit nachweisen.
Die Feststellung der Blindheit und die Eintragung des Merkzeichens Bl in den Schwerbehindertenausweis ist Aufgabe des Versorgungsamts.
Anlaufstellen und weitere Informationsquellen
Weitere Informationen erhalten Sie beim Bürgertelefon des Ministeriums für Arbeit und Soziales (Info-Telefon für Menschen mit Behinderung):
Tel.: 030/221 911 006, montags bis donnerstags 8 bis 20 Uhr
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) beantwortet medizinische Fragen und unterstützt Sie in sozialen und rechtlichen Angelegenheiten.
Tel.: 01805 / 666 456 *0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk maximal 0,42 €/Min.
Persönliche Beratung erhalten Betroffene in den Beratungsstellen der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB).