Zuletzt aktualisiert am 14. Februar 2023
Bundesteilhabegesetz
Seit dem 01.01.2017 ist das Bundesteilhabegesetz (BTHG) stufenweise in Kraft getreten. Es ist die größte Reformänderung seit Einführung des SGB IX im Jahr 2001.
In Anlehnung an die UN-Behindertenrechtskonvention soll die Neuregelung Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen und die Teilhabe am sozialen Leben fördern.
Kurzüberblick zur Neugestaltung des SGB IX
1. Teil - Allgemeiner Teil
Auf Grundlage des bio-psycho-sozialen Models der International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) wird ein neuer Behindertenbegriff eingeführt, der die Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt stärker berücksichtigt.
Die Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs erfolgt mithilfe von geeigneten Instrumenten. Diese umfassen u. a. einen systematischen Arbeitsprozess (z. B. Erhebungen, Dokumentationen) und standardisierte Arbeitsmittel (z. B. Intelligenzest, Hörtest).
Um Leistungen von unterschiedlichen Rehabilitationsträgern zu erhalten, wird künftig nur noch ein Antrag benötigt. Es findet eine stärkere Kooperation unter den Leistungsträgern statt, die neu definiert und geregelt wurde.
Das bestehende Beratungsangebot wird durch die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) erweitert, die von Betroffenen für Betroffene neutral und kostenlos angeboten wird.

Menschen mit Behinderungen wird durch das "Budget für Arbeit" die Möglichkeit eröffnet, durch einen Lohnkostenzuschuss für den Arbeitgeber eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhalten.
2. Teil - Eingliederungshilfe
Leistungen der Eingliederungshilfe werden ab 2020 von den Leistungen zum Lebensunterhalt getrennt und in den 2. Teil des neuen SGB IX aufgenommen und erneuert. Die Fachleistungen der Eingliederungshilfe sind dann zukünftig nicht mehr abhängig von der Wohnform (ambulant oder stationär), sondern richten sich nach dem individuellen Bedarf des Einzelnen. Die Leistungen zum Lebensunterhalt werden in Zukunft wie bei Menschen ohne Behinderung nach SGB XII bzw. nach SGB II erbracht.
Neben den bisherigen Leistungen wurden zwei neue Leistungsformen eingeführt.
- Leistungen zur Teilhabe an Bildung zielen auf einen gleichberechtigten Zugang zum allgemeinen Bildungssystem ab
- Die bislang bekannte Leistungsgruppe "Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" wurde zum 1. Januar 2018 in "Leistungen zur Sozialen Teilhabe" umbenannt (§§ 76 ff. SGB IX) und umfassen u. a. Assistenz und Mobilität
Die Einkommens- und Vermögensfreibetragsgrenze wird im Zuge der Reform stufenweise erhöht.
3. Teil - Schwerbehindertenrecht
Neben der Weiterentwicklung des Schwerbehindertenrechts sollen ehrenamtlich engagierte Schwerbehindertenvertreter gestärkt werden.
Durch die Einführung einer Frauenbeauftragten in den Werkstätten für Behinderte soll gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeiten verbessert werden.
Für den Schwerbehindertenausweis wurde ein neues Merkzeichen für Taubblinde (TBI) eingeführt.

Die Reform des SGB IX erfolgt in 4 Stufen:
1. Reformstufe (2017)
- Änderungen des Schwerbehindertenrechts
- Verbesserungen der Einkommen- und Vermögensberücksichtigung im SGB XII (Einkommensfreibetrag:
bis zu 260 € monatlich; Vermögensfreibetrag 25.000 €) - Verdoppelung des Arbeitsförderungsgeldes auf 52 €
- Erhöhung des Schonvermögens für Bezieher von SGB XII-Leistungen von 2.600 € zunächst auf 5.000 € und nun auf 10.000 € (2023)
2. Reformstufe (2018)
- Einführung SGB IX Teil 1 (Verfahrensrecht) und Teil 3 (Schwerbehindertenrecht)
- Verbesserung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und im Gesamtplanverfahren in der Eingliederungshilfe
- Neue Beratungsstellen der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB)
3. Reformstufe (2020)
- Einführung SGB IX Teil 2 (Eingliederungshilfe)
- Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von existenzsichernden Leistungen
- Weitere Änderungen in der Einkommens- und Vermögensheranziehung:
Der Vermögensfreibetrag beträgt 61.100 €, das entspricht 150 % der jährlichen Bezugsgröße (2023) - Partnereinkommen und -vermögen werden nicht mehr berücksichtigt
Hinweis: Mit Inkrafttreten der 3. Reformstufe haben sich ebenfalls weitreichende Änderungen für volljährige Menschen mit Behinderung ergeben, die in stationären Wohneinrichtungen leben. Nähere Informationen hierzu sind in Internet z. B. auf den Seiten der Lebenshilfe unter www.lebenshilfe.de zu finden.
4. Reformstufe
- Neubestimmung des leistungsberechtigten Personenkreises in der Eingliederungshilfe
Näheres zur Umsetzung der 4. Reformstufe findest Du auf der Webseite einfach machen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) unter:
Anlaufstellen und weitere Informationen
Weiterführende Informationen findest Du auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter:
www.bmas.de/DE/Soziales/Teilhabe-und-Inklusion/Rehabilitation-und-Teilhabe/bundesteilhabegesetz.html
Bei der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung werden nach der Methode des Peer Counseling Betroffene von Betroffenen unabhängig und ergänzend zu den bereits bestehenden Beratungsangeboten der Rehabilitationsträger beraten. Die nähstgelegene Beratungsstelle in deiner Nähe findest Du unter: