Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2021

Ergotherapie bei Demenzerkrankungen

Im Frühstadium einer Demenz ist Ergotherapie ein wichtiges In­strument um die Lebensqualität des Erkrankten zu verbessern, seine Selbstständigkeit möglichst lange zu erhalten und einen Umzug in ein Pflegeheim hinauszuzögern. Neuere Studien widmen sich zudem der Erforschung der Wirksamkeit ergotherapeutischer Maßnahmen bei mittlerer und schwerer Demenz.1

Ziele

Mit den verschiedenen ergotherapeutischen Verfahren werden motorische, sensorische und psychische Funktionseinschränkungen wiederhergestellt oder verbessert. Demenzkranke werden so dabei unterstützt, ihren Alltag aktiv zu gestalten, ihn als sinnvoll zu erleben und Defizite so lange und so gut wie möglich auszugleichen.

Weitere Ziele der Ergotherapie:

  • Förderung des Selbstvertrauens, Abbau von Ängsten, Verhinderung des sozialen Rückzugs
  • Wiedererlangung von positivem emotionalem Erleben
  • Durchbrechung negativer Gedankenspiralen durch aktives Tun
  • Verbesserung der Alltagsbewältigung und des Selbstmanagements
  • Vermitteln von Erfolgserlebnissen
  • Reduktion von Verhaltensauffälligkeiten
  • Vermeidung stationärer Klinikaufenthalte
  • Hinauszögern von Pflegebedürftigkeit

Inhalte und Therapiemethoden

Die Therapie wird je nach Belastbarkeit und individuellen Ein­schränkungen in Einzel­ oder Gruppensitzungen durchgeführt. Zu Beginn erstellen der Ergotherapeut, der Patient und die nahen Angehörigen einen individuellen Behandlungsplan, der sich z. B. an folgenden Fragen orientiert: Wie ist das Krankheitsstadium? Welche speziellen Bedürfnisse hat der Patient? Wie können die Angehörigen ihn bestmöglich unterstützen?

Folgende Methoden kommen für Patienten mit Demenz u. a. infrage:

  • Kognitives Aktivierungsprogramm für das Erinnerungs-, Lern- und Denkvermögen
  • Handwerkliche Techniken (z. B. zur Verbesserung der Feinmotorik)
  • Lebenspraktische Übungen (z. B. An-­ und Ausziehen, Körperpflege)
  • Kreativ ­gestalterische Therapiemittel (Musik, Kunst)
  • Bewegungsübungen zur Reduktion motorischer Unruhe
  • Ergotherapeutisches Vorlesen
  • Basale Stimulation (Wahrnehmungstraining)
Beispiel

Im Anfangsstadium einer Demenz merken Betroffene, dass sie immer vergesslicher werden, was sie als sehr frustrierend erleben. Es ist in dieser Phase besonders wichtig die verloren gegangenen Fähigkeiten zu kompensieren und so die Abwärtsspirale zu durchbrechen. Hilfestellungen sind gefragt, die so konkret und einfach wie möglich an den all­täglichen Bedürfnissen des Kranken ausgerichtet sind. Eine Demenzpatientin kann sich zum Beispiel nicht erin­nern, wo in der Küche der Kaffee aufbewahrt wird, weiß aber noch, wie dieser gekocht wird. Der Ergotherapeut erarbeitet zusammen mit ihr Strategien, um den Kaffee wiederzufinden. Statt ihn im Schrank zu lagern, stellt sie ihn in Zukunft neben die Kaffeemaschine und versieht die Dose mit einem Bild.

Durchführung

Ergotherapeutische Behandlungen können während eines Krankenhausaufenthalts oder einer Maßnahme der Rehabilitation erfolgen. Zudem gibt es ambulante Praxen für Ergotherapie. Wenn der Patient nicht in der Lage ist, eine Praxis selbst aufzusuchen, sind auch Hausbesuche möglich.

Voraussetzungen

Eine Ergotherapie gilt als Heilmittel und muss vom behan­delnden Arzt verordnet werden. Eine Verordnung umfasst in der Regel 10 Behandlungseinheiten. Eine Therapiemaßnahme dauert üblicherweise zwischen 30 und 60 Minuten. In welchem Abstand die Maßnahmen erfolgen, hängt von der individuellen Situation des Betroffenen ab.

Kostenübernahme

Die Kosten für eine Ergotherapie werden fast vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Der Patient muss eine Zuzahlung von 10 %, plus 10 € pro Verordnung leisten, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstehenden Kosten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Befreiung von der Zuzahlung möglich.

 

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1 D. Korczak, C. Habermann, S. Braz: Wirksamkeit von Ergotherapie bei mittlerer bis schwerer Demenz. GP Forschungsgruppe, Institut für Grundlagen­ und Programmforschung, Berufsfachschule für Ergotherapie Rosenheim der bfz gGmbH; aus der Schriftenreihe Health Technology Assessment (HTA) in der Bundesrepublik Deutschland.

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Auswirkungen einer Demenz auf den Alltag

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Anlaufstellen für Demenzkranke und Angehörige

Demenz und Autofahren

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Wohnformen für Demenzkranke

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Pflegebegutachtung

 

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