Zuletzt aktualisiert am 29. Juli 2022

Grad der Behinderung bei Depressionen

Dauert eine depressive Episode länger als 6 Monate, können Patienten einen Antrag auf Anerkennung einer Behinderung bzw. Schwerbehinderung beim zuständigen Versorgungsamt stellen.

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf besonderen Schutz und Unterstützung. Diese Rechte sind im 9. Sozialgesetzbuch, dem Rehabilitations- und Teilhabeberecht verankert.

Nach § 2 SGB IX liegt eine Behinderung dann vor, „wenn die körperliche Funktion, die geistige Fähigkeit oder die seelische Gesundheit eines Menschen mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist“.

Ziel des Reha- und Teilhaberechts ist es, die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu fördern und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Umgesetzt wird dies durch verschiedene Rechte, Erleichterungen oder Vergünstigungen, den sog. Nachteilsausgleichen. Sie sind mit einem bestimmten Grad der Behinderung (kurz GdB), einzelnen Merkzeichen oder einer Gleichstellung verbunden.

Grad der Behinderung allgemein

Der GdB ist die Maßeinheit dafür, wie stark ein Mensch durch seine Erkrankung bzw. Behinderung tatsächlich beeinträchtigt ist. Er wird vom Versorgungsamt durch medizinische Gutachten ermittelt und in Zehnergraden von 20 bis 100 festgelegt.

Bei einem GdB von mindestens 20 liegt eine Behinderung vor. Ein Schwerbehindertenausweis wird ab einem GdB von 50 ausgestellt. Unter Umständen können Betroffene ab einem GdB von 50 zusätzlich bestimmte Merkzeichen erhalten. Je nach Merkzeichen sind diese mit unterschiedlichen Nachteilsausgleichen, wie Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, einem Parkausweis oder Steuererleichterungen, verbunden.

Liegen mehrere Beeinträchtigungen vor, werden nicht einfach die einzelnen GdB addiert. Entscheidend für den Gesamt-GdB ist, wie sich einzelne Funktionsbeeinträchtigungen zueinander und untereinander auswirken. Die Behinderungen und ihre Auswirkungen werden also in ihrer Gesamtheit betrachtet.

Wenn das Ausmaß der Behinderung größer wird, kann ein neuer Antrag auf Feststellung gestellt werden.
 

Ein Grad der Behinderung bietet verschiedene Rechte und Vergünstigungen
Ein Grad der Behinderung bietet verschiedene Rechte und Vergünstigungen

Ermittlung des Grad der Behinderung bei Depressionen

Die Feststellung des GdB erfolgt nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Depressionen sind dem Punkt „Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen“ zugeordnet.

Es werden folgende Anhaltswerte für die Höhe des GdB genannt:

 Krankheitsbild  Grad der Behinderung
 Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen  0 - 20

 Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit

 (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen)

 30 - 40

 Schwere Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit)

  • mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
  • mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten

 

  • 50 – 70
  • 80 - 100

 

Fragerecht des Arbeitgebers bei Vorstellungsgesprächen

Stellenbewerber dürfen vom potentiellen Arbeitgeber nicht nach einer Schwerbehinderung gefragt werden. Dies wäre eine behinderungsbedingte Diskriminierung.

Eine Ausnahme hiervon ist, wenn die Behinderung für den Arbeitsplatz relevant ist. Andererseits ist es dem Arbeitgeber auch nur dann möglich, den vom Gesetz vorgeschriebenen speziellen Schutz des schwerbehinderten Arbeitnehmers umzusetzen, wenn er über den Grad der Behinderung informiert ist. Das Bundesarbeitsgericht hat deshalb im Jahr 2012 entschieden, dass die Frage nach einer Schwerbehinderung zulässig ist, wenn das Arbeitsverhältnis bereits 6 Monate besteht (BAG, Urteil vom 16.02.2012, 6 AZR 553/10).
 

Anlaufstellen und weitere Informationen

Unterlagen und Auskünfte zur Beantragung eines GdB erhältst Du bei dem zuständigen Versorgungsamt.

Auch die Beratungsstellen der Ergänzenden Unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB) beraten und begleiten dich vor und während der Beantragung.

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