Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2021
Heilmitteltherapien für Patienten mit Morbus Parkinson
Heilmaßnahmen sind fester Bestandteil in der Behandlung von chronisch-degenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson. Je nach Beschwerdebild und Krankheitsstadium kommen Ergotherapie, physikalische Therapie oder Logopädie als Heilmittel in Frage.
In den Heilmittelrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ist für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkasse die Versorgung mit Heilmitteln geregelt. Der sogenannte Heilmittelkatalog gibt Aufschluss darüber, bei welcher Diagnose/Diagnosegruppe welches Heilmittel in welcher Menge im Regelfall verordnet werden kann.
Die Heilmittelrichtlinien zum nachlesen finden Sie unter www.g-ba.de/informationen/richtlinien
Inhalte und Therapiemethoden
Die Therapie wird je nach Belastbarkeit und individuellen Einschränkungen durchgeführt. Zu Beginn erstellen Therapeut, Patient und nahe Angehörige einen Behandlungsplan, der sich z. B. an folgenden Fragen orientiert: Wie ist das Krankheitsbild? Welche speziellen Bedürfnisse hat der Patient? Wie können die Angehörigen ihn während der Therapie optimal unterstützen?
Die Maßnahmen sollten immer von der Tagesform des Patienten abhängig gemacht werden. Die Therapieziele sollten realistisch sein, damit der Patient nicht überfordert wird und am Ende frustriert ist.
Ergotherapie
Ergotherapie ist ein wichtiges Instrument, um die körperlichen und kognitiven Fähigkeiten des Erkrankten zu stärken, seine Lebensqualität zu verbessern und seine Selbstständigkeit möglichst lange zu erhalten.
Ziele
Mit ergotherapeutischen Verfahren werden motorische, sensorische und psychische Funktionseinschränkungen wiederhergestellt oder verbessert. Die Betroffenen werden dabei unterstützt, ihren Alltag aktiv zu gestalten, ihn als sinnvoll zu erleben und Defizite so lange und so gut wie möglich auszugleichen.
Zu den Zielen gehören:
- Selbständigkeit in der altersentsprechenden Versorgung (An- und Auskleiden/Hygiene)
- Verbesserung der körperlichen Beweglichkeit, Geschicklichkeit und Feinmotorik
- Förderung der Belastungsfähigkeit und der Ausdauer
- Verbesserung im Verhalten und in zwischenmenschlichen Beziehungen
- Erlernen von Kompensationsmechanismen
Ergotherapie-Anbieter
Ergotherapeutische Behandlungen können während eines Krankenhausaufenthalts oder einer Maßnahme der Rehabilitation erfolgen. Zudem gibt es ambulante Praxen für Ergotherapie.
Wenn der Patient nicht in der Lage ist, eine Praxis selbst aufzusuchen, sind auch Hausbesuche möglich.
Physikalische Therapie
Neben Ergotherapie sind auch physikalische Therapien wie Krankengymnastik oder Wärme- und Kältetherapie wichtige Bausteine in der Behandlung von parkinsoninduzierten Beschwerden.
Ziele
Physikalische Therapien zielen vor allem auf die Verbesserung der motorischen und koordinatorischen Fähigkeiten der Betroffenen ab. Durch gezielte Anwendungen und Übungen – entweder alleine oder zusammen mit einem Therapeuten – werden Kraft, Ausdauer, Motorik und Muskeltonus des Patienten trainiert und aufgebaut.
Sprech-, Stimm- und Sprachtherapie
Durch eine Parkinson-Erkrankung sind sehr häufig das Sprech- und Artikulationsvermögen sowie die Schluckfähigkeit des Patienten betroffen.
Ziele
Im Rahmen der logopädischen Therapie lernen Betroffene, Atmung und Stimme optimal zu koordinieren und Kau- und Schluckstörungen zu beheben oder auszugleichen. Auch die Gesichtsmuskeln werden intensiv trainiert, um die Mimik, welche bei Parkinson-Patienten zunehmend eingeschränkt ist, möglichst gut zu erhalten.
Voraussetzungen für eine Heilmitteltherapie
Heilmittel müssen vom behandelnden Arzt verordnet werden. Eine Verordnung umfasst in der Regel 10 Behandlungseinheiten. Eine Therapiemaßnahme dauert üblicherweise zwischen 30 und 60 Minuten. In welchem Abstand die Maßnahmen erfolgen, hängt von der individuellen Situation des Betroffenen ab, in der Regel aber 1x wöchentlich.
Die Heilmittel-Verordnung des Arztes muss von der gesetzlichen Krankenkasse nicht genehmigt werden. Allerdings muss die Maßnahme innerhalb einer bestimmten Frist beginnen (in der Regel 14 Tage), sofern auf der Verordnung kein späterer Behandlungsstart eingetragen wurde. Danach verliert die Verordnung ihre Gültigkeit.
Kostenübernahme
Die Kosten für eine Heilmitteltherapie werden fast vollständig von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Ab Vollendung des 18. Lebensjahres muss der Patient eine Zuzahlung von 10 %, zuzüglich 10 Euro pro Verordnung leisten, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstehenden Kosten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Befreiung von der Zuzahlung möglich.
Spezielle Therapien bei Morbus Parkinson
LSVT-LOUD und LSVT-BIG Therapie
Eine neuere Form der aktivierenden logopädischen Therapie ist das sog. Lee Silverman Voice Treatment (LSVT-LOUD). Bei diesem therapeutischen Verfahren sollen durch intensives Training die Sprechlautstärke und Verständlichkeit des Patienten verbessert werden. Ein daraus abgeleiteter physiotherapeutischer Ansatz ist die LSVT-BIG-Therapie, welche Gang- und Gleichgewichtsstörungen des Betroffenen verbessern soll. Schwerpunkt des LSVT-BIG-Trainings ist das Einüben großräumiger Bewegungen. Durch intensives Training werden noch vorhandene Bewegungspotentiale des Patienten aktiviert und ausgebaut.
Kostenübernahme
Die LSVT-LOUD-Therapie ist ein anerkanntes logopädisches Heilmittel und daher bei ärztlicher Verordnung erstattungsfähig. Beim LSVT-BIG-Training, welches noch keinen Eingang in den Heilmittelkatalog der Krankenkassen gefunden hat, ist bislang stets eine Einzelgenehmigung seitens der Krankenkasse erforderlich.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass in den meisten Fällen eine Kostenübernahme für die LSVT-BIG im Rahmen der Ergotherapie möglich ist, sofern der behandelnde Arzt diese konkret empfiehlt. Grundsätzlich gelten bei beiden Therapieansätzen die allgemeinen Zuzahlungsregelungen für Heilmittel.