Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2021
Hospiz- und Palliativversorgung bei Kindern und Jugendlichen
Bei der Kinderhospiz- und Palliativarbeit wird das gesamte Familiengefüge als untrennbare Einheit betrachtet. Das Ziel ist es, die Lebensqualität der lebensverkürzend erkrankten Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Angehörigen zu verbessern. Grundsätzlich gelten für die Hospiz- und Palliativversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland die gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie bei Erwachsenen (Siehe auch: Hospiz- und Palliativversorgung für Erwachsene). In den Regelungen wird aber immer wieder darauf verwiesen, dass die "besonderen Belange der Kinder" berücksichtigt werden müssen.
Da die Krankheiten anders verlaufen und die Zahl der Betroffenen im Vergleich sehr viel geringer ist, unterscheidet sich die Versorgungslandschaft bei Kindern und Jugendlichen stark von jener bei Erwachsenen.
Krankheits-Gruppen
Die Krankheitszustände, die eine hospizliche und palliative Versorgung für Kinder begründen können, weisen ein sehr breites Spektrum auf. Die Association of Children’s Palliative Care (ACT) und das Royal College of Paediatric and Health Care (RCPH) haben 4 Krankheits-Gruppen herausgearbeitet:
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Gruppe I
Lebensbedrohende Erkrankungen, für die noch eine Heilung möglich ist, die aber auch zum Tod führen können. Wenn die Prognose noch unsicher ist und wenn die kurativen Maßnahmen nicht mehr wirken, kann eine Palliativversorgung nötig sein (z.B. bei Krebserkrankungen, Versagen von Herz, Leber oder Niere) -
Gruppe II
Erkrankungen, bei denen über einen längeren Zeitraum eine intensive, lebensverlängernde Behandlung notwendig ist. Die Kindheit kann relativ normal verlaufen, es ist aber ebenso mit einem vorzeitigen Sterben zu rechnen (z.B. Mukoviszidose, Muskeldystrophie) -
Gruppe III
Fortgeschrittene Krankheitszustände ohne kurative Behandlungsmöglichkeiten. Die palliative Versorgung kann auch über mehrere Jahre andauern (z.B. Batten NCL – Neuronale Ceroid Lipofuszinose-Erkrankungen, Mukopolysaccharidose) -
Gruppe IV
Schwerste neurologische Erkrankungen, die allgemein zur Schwächung und zu medizinischen Komplikationen führen und die sich unerwartet verschlimmern können, aber in der Regel nicht weiter fortschreiten (z.B. schwerste Mehrfachbehinderungen etwa in Folge von Hirn- oder Rückenmarksverletzungen einschließlich mancher Kinder mit Zerebralparese)
Einrichtungen und Leistungen
Ambulante Hospizdienste für Kinder und Jugendliche
(§ 39a Abs. 2 SGB V)
Ambulante Hospizdienste sind Anlaufstellen für Familien mit einem Kind, das an einer lebensbedrohlichen oder an einer nach dem aktuellen medizinischen Stand lebensverkürzenden Erkrankung leidet. Sie bieten pflegerische und psychosoziale Beratung und Entlastung für die ganze Familie durch pflegerische oder pädagogische Fachkräfte und qualifizierte Ehrenamtliche an. Entscheidend ist dabei die Zusammenarbeit mit den Eltern.
Kinderhospizdienste begleiten Betroffene ab der Diagnosestellung, auch über den Tod des Kindes oder Jugendlichen hinaus. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Geschwister des erkrankten Kindes gelegt.
Der Ausbau der Dienste ist regional sehr unterschiedlich und schreitet ständig voran.
Stationäre Kinderhospize und/oder Jugendhospize
(§ 39a Abs. 1 SGB V)
Stationäre Hospize für Kinder und Jugendliche sind Orte der Entlastung und Erholung für Familien mit einem Kind, dessen Lebenserwartung verkürzt ist. Betroffene können die Einrichtungen ab Diagnosestellung in Anspruch nehmen, also nicht nur, wenn nach medizinischer Einschätzung die Lebenserwartung auf Wochen oder Monate begrenzt ist, sondern auch wenn sie noch Jahre betragen kann.
Leistungen in stationären Kinderhospizen:
- Pflege und palliativmedizinische Versorgung
Während des Aufenthaltes werden Eltern von der oft kräftezehrenden Pflege ihres kranken Kindes entlastet. - Begleitung bei Tod und Sterben
Psychosoziale, pädagogische und seelsorgerische Begleitung für Patienten, Eltern und Geschwister beim Sterbe- und Trauerprozess. In Abschiedsräumen können sich Familien in einem geschützten Rahmen von ihrem verstorbenen Kind verabschieden. - Selbsthilfe
Eltern und Geschwister haben die Möglichkeit andere Betroffene in ähnlichen Lebenslagen kennenzulernen, sich mit ihnen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.
(Sozialmedizinische) Nachsorge
Im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung dient die sozialmedizinische Nachsorge der Sicherung der ambulanten medizinischen Behandlung oder der Verkürzung des stationären Aufenthalts. Sie ist auch eine Möglichkeit, Kinder und Jugendliche mit einer lebensbegrenzenden Erkrankung im Finalstadium zu begleiten. Die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren diese Leistung für chronisch kranke oder schwerstkranke Kinder und Jugendliche.
Im Rahmen der sozialmedizinischen Nachsorge arbeitet ein multiprofessionelles Team aus Pflegekräften, psychosozialen Fachkräften und Medizinern zusammen.
Nachsorge-Mitarbeiter unterstützen die Familien im häuslichen Umfeld in allen Fragen rund um die Erkrankung und bei der Koordination verschiedener Leistungen.
Betroffene können die sozialmedizinische Nachsorge nicht gleichzeitig mit der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung in Anspruch nehmen. In Deutschland ist das Augsburger Nachsorgemodell "Bunter Kreis" sehr verbreitet, in vielen Einrichtungen gibt es neben der sozialmedizinischen Nachsorge noch weitere Angebote für schwer kranke Kinder.
Hier gibt es weitere Informationen zur sozialmedizinischen Nachsorge.
Einrichtungen der sozialmedizinischen Nachsorge finden Sie an einer Kinderklinik oder unter www.bunter-kreis-deutschland.de.
Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) für Kinder und Jugendliche
Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche erstreckt sich meist über einen größeren Zeitraum als bei Erwachsenen, da sie auch von längeren und in ihrer Prognose unsichereren Krankheitsverläufen geprägt ist.
Die SAPV kann bei Kindern und Jugendlichen auch als Krisenintervention in Anspruch genommen werden, wenn die prognostizierte Lebenserwartung wenige Tage oder Wochen übersteigt. Sie schließt also nicht immer mit dem Tod des Kindes ab, sondern wird auch wieder beendet, wenn eine Stabilisierung der palliativmedizinischen und -pflegerischen Behandlung erreicht ist.
In pädiatrischen SAPV-Teams arbeiten in der Regel Kinder- und Jugendmediziner, Fachkräfte der Kinderkrankenpflege, häufig auch Sozialarbeiter/-pädagogen und Seelsorger, alle mit einer Zusatzqualifikation im Bereich pädiatrische Palliative Care. Die Versorgung ist bundesweit sehr unterschiedlich. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen hat im Jahr 2013 Empfehlungen zur Ausgestaltung der Versorgungskonzeption der SAPV für Kinder und Jugendliche herausgegeben (siehe auch: www.gkv-spitzenverband.de).
Anlaufstellen und weitere Informationsquellen
Adressen von ambulanten Hospizdiensten und stationären Hospizen für Kinder und Jugendliche sowie weitere Adressen finden Sie bei folgenden Verbänden:
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Suchportal des Deutschen Kinderhospizvereins:
https://www.deutscher-kinderhospizverein.de/startseite/ -
Bundesverband Kinderhospiz:
http://www.bundesverband-kinderhospiz.de/index.php/allgemeineinformationen
Weitere Informationen erhalten Sie bei den Ansprechpartnern in Kinderkliniken, z.B. den Nachsorgemitarbeitern, den Mitarbeitern vom psychosozialen Dienst oder Pflegekräften,
die für die Überleitung ins häusliche Umfeld zuständig sind.