Zuletzt aktualisiert am 29. Juni 2023
Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse für Palliativpatienten
Eine multidisziplinäre Versorgung ermöglicht es Palliativpatienten, ihre letzte Lebenszeit möglichst schmerzfrei und selbstbestimmt zu leben. Zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen in einer Palliativsituation gehören daher neben medizinisch-pflegerischen Maßnahmen auch die Beratung und Hilfe bei psychischen, sozialen und spirituellen Problemen.
Hospiz- und Palliativberatung (§ 39 b SGB V)
Krankenkassen beraten Betroffene und deren Angehörige kostenfrei über die individuellen Möglichkeiten einer Hospiz- und Palliativ-Versorgung und über Vorsorgemaßnahmen wie Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung. Dazu gehört nicht nur die Information über regionale Versorgungsangebote, sondern auch die Unterstützung bei Kontaktaufnahme und Leistungsinanspruchnahme. Die Beratung sollte mit anderen Beratungsangeboten, insbesondere mit der Pflegeberatung, abgestimmt werden. Im Auftrag des Versicherten informiert die Krankenkasse Ärzte und Leistungserbringer über die Beratungsinhalte und Hilfestellungen oder gibt dem Palliativpatienten hierzu ein Begleitschreiben mit.
Abhängig von der individuellen Situation, insbesondere dem Ausmaß der Beeinträchtigungen und der Entscheidung für oder gegen einen Verbleib im häuslichen Bereich, kommen verschiedene Versorgungsmöglichkeiten infrage.
Allgemeine ambulante Palliativversorgung
Die allgemeine ambulante Palliativversorgung wird in erster Linie durch Hausärzte und ambulante Pflegedienste erbracht, wenn eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung nicht notwendig ist. Ziel ist die angemessene Behandlung leidvoller Symptome schwerstkranker und sterbender Menschen in der häuslichen Umgebung.
Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) für Erwachsene
Seit 2007 haben Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse einen Rechtsanspruch auf diese besondere Form der Versorgung am Lebensende. Sie kommt ergänzend zur allgemeinen Palliativversorgung für die Patienten infrage, deren Versorgung so komplex, zeitaufwändig und versorgungsintensiv ist, dass eigentlich eine Klinikaufnahme nötig wäre. Dies ist in der Regel der Fall, wenn mindestens eine der folgenden Kriterien erfüllt ist:
- ausgeprägte Schmerzsymptomatik
- ausgeprägte neurologische / psychiatrische / psychische Symptomatik
- ausgeprägte respiratorische / kardiale Symptomatik
- ausgeprägte gastrointestinale Symptomatik
- ausgeprägte ulzerierende / exulzerierende Wunden oder Tumore
- ausgeprägte urogenitale Symptomatik
Die Versorgung des Patienten kann im eigenen Haushalt, bei seiner Familie, in stationären Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen oder der Kinder- und Jugendhilfe erfolgen.
Ein multiprofessionelles Team, bestehend aus Medizinern, Pflegekräften sowie teilweise Sozialarbeitern und Seelsorgern kümmert sich um den Palliativpatienten. Die SAPV- Teammitglieder haben eine spezielle Ausbildung im Bereich Palliative Care und ergänzen die Regelversorgung durch niedergelassene Ärzte und Pflegedienste. Eine 24 Stunden Rufbereitschaft sichert die Versorgung in Notfällen.
Zu den Leistungen der SAPV gehören unter anderem
- die Koordination der spezialisierten palliativmedizinischen und -pflegerischen Versorgung unter Einbeziehung weiterer Berufsgruppen und von Hospizdiensten
- die Linderung der Symptome wie Schmerzen durch Medikamente (z. B. Morphin), teilweise unter Verwendung von speziellen Geräten (z. B. eine Medikamentenpumpe)
- die Verbesserung der nichtmedikamentösen und pflegerischen Maßnahmen wie der Lagerung oder der Mundpflege
- die Beratung, Anleitung und Unterstützung von Patienten, Angehörigen und anderen an der Versorgung Beteiligten (z. B. Pflegedienste) bei der palliativen Versorgung und beim Umgang mit Sterben und Tod
Patienten können die kompletten Rahmenrichtlinien der SAPV unter folgendem Link einsehen: www.g-ba.de/richtlinien/64/
Allgemeine grund- und behandlungspflegerische Maßnahmen, die von einem Pflegedienst durchgeführt werden können, fallen in der Regel nicht in den Aufgabenbereich der SAPV.
Für eine SAPV benötigt der Patient eine ärztliche Verordnung (Vordruckmuster 63). Diese kann von einem Krankenhausarzt für eine Dauer von 7 Tagen und von einem niedergelassenen Arzt zunächst für 30 Tage ausgestellt werden. Folgeverordnungen sind bei entsprechendem Bedarf möglich.
Die Kosten werden nach Prüfung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Für die Leistung muss keine Zuzahlung entrichtet werden.
Spezialisierte ambulante Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche
Die SAPV von Kindern und Jugendlichen unterscheidet sich in einigen Punkten von der Leistung für Erwachsene. Bei Kindern ist die Prognose oft schwer einschätzbar, die palliative Situation kann über Jahre bestehen. Die SAPV erfolgt daher meist als Krisenintervention und wird wieder beendet, sobald sich die Situation stabilisiert hat.
Zudem benötigen Kinder- und Jugendliche für die oft sehr speziellen Erkrankungen eine andere Behandlung als Erwachsene. Einen hohen Stellenwert in der Versorgung hat die Einbindung von Eltern und Geschwisterkindern.
Abgestimmt auf die jungen, unheilbarkranken Patienten arbeiten spezialisierte Kinder- und Jugendärzte, Kinderkrankenpflegekräfte und meist auch Sozialarbeiter im SAPV-Team.
Palliativstationen und Palliativdienste in Kliniken
Palliativstationen sind spezialisierte Abteilungen in Allgemeinkrankenhäusern. Patienten mit einer unheilbaren Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium werden hier ganzheitlich behandelt.
Ziel ist die palliativmedizinische und -pflegerische Behandlung von leidvollen Symptomen, um es dem Patienten zu ermöglichen, wieder in sein häusliches Umfeld zurückzukehren bzw. dort zu sterben. Palliativstationen bieten zudem ein würdevolles Umfeld, um Betroffene umfassend zu betreuen und zu begleiten.
Auf Palliativstationen arbeiten Ärzte, Pflegende, Physiotherapeuten, Seelsorger, Sozialarbeiter, Psychologen und Ehrenamtliche eng zusammen.
Krankenhäuser, auch solche ohne eigene Palliativstationen, arbeiten häufig mit stations- bzw. klinikübergreifenden Palliativdiensten zusammen. Ein multiprofessionelles Team unterstützt die behandelnde Station in der komplexen Behandlung von Symptomen wie Schmerzen, Angstzuständen oder Übelkeit.
Die Leistungen der Palliativstationen finanzieren sich über die Vergütungspauschalen der Krankenkassen für stationäre Krankenhausbehandlungen.
Ambulante und stationäre Hospizleistungen für Erwachsene
Ambulante Hospizdienste/Hospizhelfer nehmen in der ganzheitlichen Betreuung von todkranken Menschen einen wichtigen Platz ein. Ihre Tätigkeit ermöglicht den Patienten den Verbleib im häuslichen Bereich bei gleich umfassender Behandlung wie in einem stationären Hospiz.
Fachkräfte in ambulanten Hospizdiensten beraten Betroffene und Angehörige in Fragen rund um palliativpflegerische und sonstige Fragen. Zudem werden Ehrenamtliche für die Sterbebegleitung geschult, koordiniert und unterstützt. Die Helfer begleiten den Palliativpatienten und dessen Angehörige im Sterbe- und Trauerprozess. Ihre regelmäßigen Besuche dienen der emotionalen Entlastung und beinhalten u. a. Gesprächsangebote, Hilfestellung in alltäglichen Dingen und bei Bedarf auch Übernahme von Tag- und Nachtwachen.
Die Dienste sind für die Betroffenen in der Regel kostenfrei. Sie finanzieren sich v.a. über Spendenmittel und eine Förderung der gesetzlichen Krankenkassen, wenn sie bestimmte Qualitätskriterien erfüllen und sowohl Sterbebegleitung durch qualifizierte Ehrenamtliche als auch palliativpflegerische Beratung anbieten.
Stationäre Hospize sind kleine Einrichtungen mit familiärem Charakter (8-16 Plätze), in denen unheilbar kranke Menschen betreut werden.
Die Sicherstellung der Grundpflege und die palliativmedizinische und -pflegerische Versorgung gehören ebenso zum Angebot wie die soziale und geistig-seelische Betreuung, Sterbe- und Trauerbegleitung und weitere Therapien, z. B. Physiotherapie. Ehrenamtliche sind üblicherweise in die Versorgung eingebunden.
Patienten haben Anspruch auf einen Aufenthalt in einem stationären Hospiz, wenn sie an einer Erkrankung leiden,
- die progredient (fortschreitend) verläuft
- bei der eine Heilung ausgeschlossen ist
- bei der palliativmedizinische und -pflegerische Versorgung notwendig und erwünscht ist
und
- bei der die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder wenige Monate begrenzt ist
Weitere Voraussetzung ist, dass keine Krankenhausbehandlung notwendig ist und die Versorgung im eigenen Haushalt nicht ausreicht.
Bei Patienten, die im Pflegeheim vollstationär versorgt werden, sind diese Voraussetzungen in der Regel nicht erfüllt.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für ihre Versicherten bis zu 95 % der Kosten.
Den Restbetrag bringt der Träger der Einrichtung - in der Regel über Spenden - selbst auf.
Ein Eigenanteil für den Patienten ist nicht vorgesehen.
Voraussetzung für die Aufnahme in einem stationären Hospiz ist eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit.Entsprechende Vordrucke erhalten Patienten in der Regel bei den Hospizen. In Deutschland gibt es derzeit etwa 200 Hospize. In einigen Orten gibt es auch teilstationäre Angebote, sogenannte Tageshospize.
Betroffene finden Ambulante Hospizdienste in ihrer Nähe und weitere Adressen der Hospiz- und Palliativversorgung unter: wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de/
Stationäre Kinder- und/oder Jugendhospize
Stationäre Hospize für Kinder und Jugendliche sind Orte der Entlastung und Erholung für Familien mit einem Kind, dessen Lebenserwartung verkürzt ist. Betroffene können die Einrichtungen ab Diagnosestellung in Anspruch nehmen, also nicht nur, wenn nach medizinischer Einschätzung die Lebenserwartung auf Wochen oder Monate begrenzt ist, sondern auch wenn sie noch Jahre betragen kann.
Leistungen in stationären Kinderhospizen:
- Pflege und palliativmedizinische Versorgung
Während des Aufenthaltes werden Eltern von der oft kräftezehrenden Pflege ihres kranken Kindes entlastet. - Begleitung bei Tod und Sterben
Psychosoziale, pädagogische und seelsorgerische Begleitung für Patienten, Eltern und Geschwister beim Sterbe- und Trauerprozess. In Abschiedsräumen können sich Familien in einem geschützten Rahmen von ihrem verstorbenen Kind verabschieden. - Selbsthilfe
Eltern und Geschwister haben die Möglichkeit andere Betroffene in ähnlichen Lebenslagen kennenzulernen, sich mit ihnen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Adressen von ambulanten Hospizdiensten und stationären Hospizen für Kinder und Jugendliche sowie weitere Adressen finden Interessierte bei folgenden Verbänden:
- Suchportal der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin: wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de/
- Bundesverband Kinderhospiz: www.bundesverband-kinderhospiz.de/