Zuletzt aktualisiert am 24. August 2022
Nachteilsausgleiche im Beruf für schwerbehinderte Menschen
Schwerbehinderte Menschen (ab einem GdB von 50) sind im Berufsleben mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Mit verschiedenen Sonderregelungen wird versucht, durch die Behinderung entstehende Nachteile wieder auszugleichen.
Besonderer Kündigungsschutz
(§§ 85ff. SGB IX)
Schwerbehinderte Arbeitnehmer oder behinderte Menschen, die von der Agentur für Arbeit Schwerbehinderten gleichgestellt wurden, genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitnehmer kann ihnen nur kündigen, wenn das zuständige Integrationsamt zustimmt.
Die Kündigungsfrist bei ordentlichen Kündigungen beträgt 4 Wochen. Wenn der Arbeitnehmer sich auf seinen besonderen Kündigungsschutz berufen möchte, muss er innerhalb von 3 Wochen den Arbeitgeber über seinen Schwerbehindertenstatus informieren, sofern dies nicht früher schon geschehen ist.
Das Integrationsamt hört den Mitarbeiter an, holt Stellungnahmen des Betriebsrats bzw. des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung ein und wirkt auf eine gütliche Einigung hin.
Der besondere Kündigungsschutz gilt nur für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, die seit mindestens 6 Monaten bestehen. Er wird zudem nur dann wirksam, wenn die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Allerdings bedeutet der Kündigungsschutz nicht, dass schwerbehinderten Mitarbeitern nicht gekündigt werden kann.
Gleichstellung behinderter Menschen
Wenn behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 30 oder 40 infolge ihrer Behinderung keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen oder behalten, kann die Agentur für Arbeit sie auf Antrag schwerbehinderten Menschen gleichstellen.
Diese Gleichstellung hat folgende Auswirkungen:
- besonderer Kündigungsschutz
- besondere Einstellungs-/ Beschäftigungsanreize für Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse sowie Berücksichtigung bei der Beschäftigungspflicht
- Hilfen zur Arbeitsplatzausstattung
- Betreuung durch spezielle Fachdienste
Sie können den Antrag auf Gleichstellung formlos (mündlich, telefonisch oder schriftlich) bei der zuständigen Agentur für Arbeit stellen. Legen Sie idealerweise gleichzeitig den Feststellungsbescheid des Versorgungsamtes mit vor.
Zusatzurlaub
(§ 125 SGB IX)
Schwerbehinderte Menschen erhalten jährlich einen zusätzlichen Urlaub von 1 Arbeitswoche. Umfasst eine Arbeitswoche beispielsweise 4 Arbeitstage, stehen dem schwerbehinderten Arbeitnehmer 4 Tage Zusatzurlaub zu. Sehen der Tarifvertrag oder sonstige Regelungen einen längeren Zusatzurlaub vor, so gilt dieser.
Für das Jahr, in dem die Schwerbehinderteneigenschaft festgestellt wird, wird der Zusatzurlaub anteilig berechnet.
Freistellung von Mehrarbeit
(§ 124 SGB IX)
Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Beschäftigte können sich von Mehrarbeit freistellen lassen. Arbeitnehmer leisten Mehrarbeit, wenn sie die gesetzlich festgelegte werktägliche Arbeitszeit von 8 Stunden überschreiten.
Diese 8-Stunden-Grenze gilt grundsätzlich auch für teilzeitbeschäftigte Behinderte. Ausnahme: Die Teilzeitarbeit ist wegen der Behinderung notwendig (Siehe auch: "Recht auf Teilzeitarbeit") und der Betroffene kann aufgrund der Art und Schwere seiner Behinderung auch vorübergehend nicht mehr als die von ihm normalerweise erbrachte Arbeitszeit leisten.
Die Freistellung bedeutet kein generelles Verbot von Mehrarbeit. Schwerbehinderte Arbeitnehmer können selbst entscheiden, ob sie Mehrarbeit leisten oder sich davon freistellen lassen möchten.
Der schwerbehinderte Arbeitnehmer muss eine Freistellung von Mehrarbeit rechtzeitig und am besten schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Eine besondere Freistellungserklärung von Seiten des Arbeitgebers ist bei berechtigtem Anspruch auf Freistellung von Mehrarbeit nicht erforderlich.
Recht auf Teilzeitarbeit
(§ 81 Abs. 5 SGB IX)
Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art und Schwere ihrer Behinderung notwendig ist.
Begleitende Hilfe im Arbeitsleben
Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Beschäftigte sowie ihre Arbeitgeber können vom zuständigen Integrationsamt Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben erhalten. Hierzu zählen insbesondere:
- Beschaffung technischer Arbeitshilfen
- Hilfen zum Erreichen des Arbeitsplatzes
- Hilfen zur Gründung und Erhaltung einer selbständigen beruflichen Existenz
- Hilfen zur Beschaffung, Ausstattung und Erhaltung einer behinderungsgerechten Wohnung
- Hilfen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Erhaltung und Erweiterung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten
- Leistungen zur behinderungsgerechten Einrichtung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen
- Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz
Anlaufstellen und weitere Informationen
Zuständig für Maßnahmen und Leistungen rund um das Thema Schwerbehinderung und Beruf sind die Integrationsämter.
Ausführliche Beratung und Unterstützung bei der Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer Beschäftigung erhalten behinderte Menschen und Arbeitgeber außerdem beim zuständigen Integrationsfachdienst.