Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2021
Palliative Therapie - Linderung, wenn Heilung nicht mehr möglich ist
In Gegensatz zur kurativen Behandlung, deren Ziel die Genesung des Patienten ist, verfolgt die palliative Therapie den Ansatz, Beschwerden ganzheitlich zu lindern und die Lebensqualität des Betroffenen und seiner Angehörigen zu verbessern. Sie kommt für Patienten in Frage, die unter einer progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung leiden.
Grundsätze einer palliativen Versorgung
Eine palliative Therapie verfolgt nicht das Ziel, Sterben zu erleichtern, sondern die verbleibende Lebenszeit mit so viel Lebensqualität wie möglich zu füllen.
Oberstes Gebot bei allen Handlungen ist die Autonomie des Patienten. Der Betroffene sollte über seine Erkrankung sowie über Vor- und Nachteile von Therapieoptionen wahrheitsgemäß aufgeklärt werden. Die Entscheidung, die er auf Basis dieser Informationen trifft, muss von allen akzeptiert werden. Auch der Wunsch, sich nicht mit der Krankheit beschäftigen zu wollen, muss respektiert werden. Können Patienten sich nicht mehr entscheiden, orientiert sich das weitere Vorgehen an einer evtl. vorliegenden Patientenverfügung oder am mutmaßlichen Willen des Betroffenen. .
Viele Patienten mit progredient verlaufenden Erkrankungen leiden unter Symptomen wie Schmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Atemnot, Bewegungseinschränkungen und Depressionen. Eine absolute Verminderung dieser Beschwerden wird stets angestrebt.
Körperliche Beschwerden, seelische und psychische Nöte sowie soziale und finanzielle Probleme erschweren den Alltag des Betroffenen. Palliativ Care verfolgt immer den Ansatz, den Schwerkranken ganzheitlich zu betreuen.
Damit dies gut gelingt und die verbleibende Lebenszeit würdevoll und mit einer hohen Lebensqualität verbracht werden kann, benötigt der Patient ein Netzwerk an Helfern unterschiedlichster Professionen.
Erkrankungen belasten nicht nur den Betroffenen, sondern auch seine An- und Zugehörigen. Ein weiterer Grundpfeiler in der palliativen Versorgung ist die Information, Begleitung und Hilfestellung von Angehörigen.
PalliativCare akzeptiert das Sterben eines Menschen als Bestandteil des Lebens und lehnt aktive Sterbehilfe ab. Der Tod eines Menschen wird nicht beschleunigt, aber auch nicht unnötig hinausgeschoben.
Interdisziplinäre, ganzheitliche Betreuung
Damit unheilbar erkrankte Menschen ein Höchstmaß an Lebensqualität haben, benötigen sie eine umfassende, ganzheitliche Beratung, Betreuung und Versorgung.
Diese wird in der Palliativversorgung durch ein multidisziplinäres Team gewährleistet. Ärzte, Krankenschwestern, Pflegekräfte, Sozialarbeiter, Psychologen, Physiotherapeuten und Seelsorger mit größtenteils fachspezifischer Zusatzausbildung kümmern sich um den Betroffenen und seine Angehörigen. Eine "ummantelnde" Betreuung und Versorgung ermöglichen dem Patienten ein selbstbestimmtes Leben bis zuletzt und den Angehörigen eine Begleitung und ein Abschiednehmen frei von Hilflosigkeit.
Palliativmedizinische Versorgung
Die elementarste ärztliche Aufgabe ist die Erhaltung menschlichen Lebens. Sind die Therapien bei der Behandlung Schwerkranker nicht mehr heilungsfördernd und lebenserhaltend, muss der Arzt gemeinsam mit dem Patienten das weitere Vorgehen besprechen und abstimmen. Entscheiden sich beide Parteien für eine palliativmedizinische Versorgung, zielt die Behandlung körperlicher Beschwerden nicht mehr auf Heilung, sondern auf Linderung der Symptome und Verbesserung der Lebensqualität ab.
Mit ausgeklügelten Schmerztherapien sowie einer effektiven Behandlung der häufig anzutreffenden Symptome Übelkeit, Appetitlosigkeit, Atemnot und Angstzustände tragen Palliativmediziner sehr wesentlich dazu bei, dass die verbleibende Lebenszeit erträglich und mit Würde verbracht werden kann.
Palliativpflegerische Versorgung
Mit der gleichen Zielsetzung wie die ärztlichen Teammitglieder bringen Pflegekräfte ihr Fachwissen und ihre Kompetenzen ein. Das Wohlbefinden des Patienten und seiner Angehörigen während der gesamten Pflegezeit ist dabei zentrales Element.
Die Pflegefachkräfte betreuen und versorgen den Betroffenen und seine Familie auf verschiedenen Ebenen. Zur Linderung körperlicher Beschwerden setzen sie neben den pflegerischen Tätigkeiten die ärztlichen Vorgaben um. Da sie Schmerzen und Symptome kontinuierlich und fürsorglich erfassen sowie alle Maßnahmen dokumentieren, ist eine rasche Anpassung an Veränderungen des Gesundheitszustands möglich.
Das Bewusstsein, dass das Leben zu Ende geht, führt sowohl beim Patienten als auch bei dessen Angehörigen zu einer emotionalen Achterbahn. Angst, Hilflosigkeit, Hoffnung, Schuldgefühle, Wut, Traurigkeit und Schmerz sind Gefühle, die den Abschiedsprozess begleiten. Palliativpflegefachkräfte sind wichtige Ansprechpartner, die empathisch den beschwerlichen Weg gemeinsam mit den Betroffenen gehen, diese stärken, bei der Bewältigung hilfreich unterstützen und die im Bedarfsfall weitere Hilfen koordinieren können.
Palliativtherapeutische Versorgung
Mit Hilfe physiotherapeutischer Maßnahmen wie Mobilitätsübungen, Kontrakturprophylaxe, Massagen und Einreibungen, Atemtraining, Entspannungseinheiten, Entstauungs- oder Reflexzonentherapie können viele Symptome gelindert werden. Wie alle Akteure, passen die Physiotherapeuten ihr Vorgehen dem physischen und psychischen Tagesbefinden des Patienten an. Um den Schwerkranken nicht zu überfordern, ist eine offene Kommunikation mit diesem und allen Beteiligten (Fachkräfte und Angehörige), eine fortwährende Dokumentation aller Handlungen und Vereinbarungen sowie ein äußerst einfühlsames Vorgehen notwendig.
Ergotherapie ist ein wichtiger Bestandteil in der Versorgung von Menschen mit lebenslimitierenden Erkrankungen. Mit geeigneten Maßnahmen kann die Lebensqualität deutlich verbessert werden, können Schmerzen gelindert, die Selbstbestimmung gefördert und die Selbstständigkeit im Alltag verbessert werden.
Zu den ergotherapeutischen Möglichkeiten gehört beispielsweise eine geeignete Hilfsmittelausstattung sowie eine den Bedürfnissen entsprechende Wohnraumumgestaltung. Angepasst an das Leistungsvermögen des Todkranken können aktive, teilassistive und passive Maßnahmen eingesetzt werden. Ferner kann dem Patienten eine Maltherapie angeboten werden. Diese eignet sich, um Emotionen wie Angst, Trauer oder Wut auszudrücken.
Psychotherapeuten können wertvolle Begleiter in einer Palliativsituation sein. Durch unterstützende Gespräche und Beratungen können die seelischen und geistigen Belastungen vermindert werden. Betroffene lernen durch Änderungen der individuellen Sichtweisen mit belastenden Gefühlen umzugehen. Dies wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden und auf die Lebensqualität aus.
Psychosoziale Betreuung
Eine palliative Versorgung ist immer ganzheitlich orientiert. Alle Bestrebungen dienen dem Ziel, das physische, psychische und soziale Wohlbefinden des Patienten und seiner Angehörigen zu verbessern.
In Gesprächen mit Betroffenen ermitteln Sozialarbeiter die Belastungsfaktoren, bieten ressourcenorientierte Lösungen an und unterstützen bei der Bewältigung der individuellen Situation. Im Bedarfsfall vermitteln sie weitere geeignete Hilfen wie beispielsweise psychologische Unterstützung.
Zudem informieren sie über infrage kommende sozialrechtliche Leistungsansprüche und geben Hilfestellung bei der Beantragung. Die Sozialarbeiter sind Mittler zwischen dem Patienten, seinem sozialen Umfeld und den erforderlichen Netzwerkpartnern. Angehörige, die nach dem Versterben des Todkranken Informationen zum organisatorischen Vorgehen oder Unterstützung in ihrer Trauerarbeit benötigen, erhalten von den psychosozialen Mitarbeitern entsprechende Tipps oder Kontaktadressen.
Spirituelle/seelsorgerische Betreuung
Die seelsorgerische Begleitung gehört zu den Kernkompetenzen von Pfarrern und Priestern. Aber auch eine andere Person, die empathisch und offen ist, kann den Kranken seelsorgerisch begleiten.In der Praxis übernehmen oft Ehrenamtliche diese Aufgabe.
Unabhängig von kirchlich-religiösen und weltanschaulichen Orientierungen sind Seelsorger Gesprächspartner, die Zeit mitbringen, zuhören, aushalten, trösten, Ängste lindern, Kraft geben oder einfach nur da sind für den Palliativpatienten und für dessen Angehörige.
Häufig setzt die Betreuung nicht erst am Ende des palliativen Prozesses ein. Sie beginnt meist schon in der Zeit des Akzeptierens, des Wartens, des Festhaltens und des Loslassens. Die Betroffenen setzen sich häufig mit Sinn- und Lebensfragen auseinander, möchten belastende und unerledigte zwischenmenschliche Konflikte klären und suchen nach Antworten auf die Fragen "Warum?" und "Wohin?".
Einige finden Kraft im Gebet und in Ritualen, andere benötigen nur ein Gegenüber für Gespräche. Wie intensiv und wie lange die seelsorgerische Begleitung erfolgt, bestimmt der Patient. Angehörige können häufig auch noch nach dem Tode ihres Verstorbenen den Beistand der Seelsorger in Anspruch nehmen
Organisationsformen Palliativdienste
Zunehmend findet ein Ausbau der Versorgungsangebote für Menschen mit unheilbaren Erkrankungen statt. Sowohl ambulante als auch stationäre Möglichkeiten stehen zur Verfügung, damit Betroffene in ihrer letzten Lebensphase nach den PalliativCare-Grundsätzen versorgt werden können.
Im ambulanten Bereich erfolgt die Versorgung durch allgemeine oder spezialisierte Palliativdienste und durch Hospizhelfer.
Im stationären Bereich können Betroffene in Kliniken auf speziellen Palliativstationen oder in stationären Hospizen adäquat betreut und versorgt werden.