Zuletzt aktualisiert am 16. Mai 2023

Pflegebedürftigkeit

Seit 1.1.2017 wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert. Bisher orientierten sich die Pflegegutachter an dem Grad der Hilfebedürftigkeit bezogen auf einzelne Verrichtungen. Künftig wird im Rahmen des zweiten Pflegestärkungsgesetzes der Grad der Selbstständigkeit auschlaggebend für eine Pflegeeinstufung sein.

Menschen mit demenziellen und psychischen Erkrankungen können hierdurch anders als bisher ebenso Leistungen der Pflegeversicherung erhalten.

Pflegebedürftigkeit wird nach dem zweiten Pflegestärkungsgesetz wie folgt definiert:

"Pflegebedürftig im Sinne des SGB XI sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe anderer bedürfen."

Unter Selbstständigkeit wird eine Situations-/Lebensbewältigung ohne Fremdhilfe, gegebenenfalls unter Einbeziehung von Hilfsmitteln, verstanden.

Die Pflegebedürftigkeit muss - wie bisher auch - auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate und in einer entsprechenden pflegegradrelevanten Schwere bestehen (§ 14 SGB XI).

Begutachtungsbereiche

Die Neuregelungen bedingen eine Reform der Pflegebegutachtung. Wesentliches Merkmal ist die Zuordnung in 5 verschiedene Pflegegrade.

Im Rahmen der Pflegebegutachtung ermittelt der Gutachter das Ausmaß von Störungen und Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit und prüft gleichzeitig, ob und gegebenenfalls welche Ressourcen vorhanden sind. 

Geprüft werden 6 Lebensbereiche (Module), die bei der Auswertung unterschiedlich gewichtet werden (siehe Prozentangabe in Klammern).

Die Addierung der einzelnen Modulbewertungen ergibt den jeweiligen Pflegegrad. Beeinträchtigungen in den Bereichen der außerhäuslichen Aktivitäten und Haushaltsführung werden ebenfalls erfasst, fließen jedoch nicht in die Bewertung mit ein. Diese sind Basis für die Pflege- und Hilfeplanung.

  • Modul 1: Mobilität (10 %)

Der Gutachter stellt fest, ob Beeinträchtigungen der motorischen Fähigkeiten - z.B. Umsetzen, Fortbewegen in der Wohnung, Treppensteigen - vorliegen, und ordnet diese einem Bereich zu: selbstständig, überwiegend selbstständig, unselbstständig, überwiegend unselbstständig.

  • Modul 2:  Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Modul 2 + 3 gesamt 15 %)
Die geistigen Fähigkeiten des Patienten - z.B. zeitliche und örtliche Orientierung, Verstehen von Sachverhalten, Treffen von Entscheidungen, Beteiligung an einem Gespräch - werden eingeschätzt: vorhanden/unbeeinträchtigt, größtenteils vorhanden, in geringem Maße vorhanden, nicht vorhanden. 
 
  •  Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Treten krankheitsbedingte Verhaltensweisen, z.B. nächtliche Unruhe, verbale und physische Aggression oder Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, immer wieder auf und erfordern ein Eingreifen Dritter, kann der Gutachter dies werten. Die Einteilung orientiert sich an der Häufigkeit der benötigten Unterstützung und wird unterteilt in: nie oder sehr selten, selten (1-3 mal innerhalb von 2 Wochen), häufig (2 bis mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich) und täglich. 
 
  • Modul 4: Selbstversorgung (40 %)

Mit Ausnahme von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten umfasst dieses Modul alle verrichtungsbezogenen Bereiche, die bisher für eine Pflegeeinstufung relevant waren, z.B. Waschen, An- und Auskleiden, Ernährung, Ausscheidung. Begutachtet wird, inwieweit der Betroffene die Verrichtungen selbstständig ausführen kann, unabhängig davon, ob eine körperliche oder geistige Beeinträchtigung vorliegt. Wie im Bereich Mobilität wird eingeteilt in: selbstständig, überwiegend selbstständig, überwiegend unselbstständig, unselbstständig.​

  • Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20 %) 

Der Gutachter beurteilt den selbstständigen Umgang mit bzw. die Häufigkeit erforderlicher Fremdhilfe für Tätigkeiten wie z.b. Herrichten und Einnahme von Medikamenten, Absaugen, Portversorgung, Gabe von Injektionen, Verbandswechsel, Arztbesuche.

  • Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (15%)

Aspekte wie z. B. die Gestaltung des Tagesablaufes und die Anpassung an Veränderungen, das Sichbeschäftigen oder die Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfeldes werden vom Gutachter geprüft und entsprechend eingeteilt: selbstständig, überwiegend selbstständig, überwiegend unselbstständig oder unselbstständig.

Anlaufstellen und weitere Informationen

Auf der Internetseite des Medizinischen Dienstes Bund kann eine Broschüre mit dem Titel: "Das neue Begutachtungsinstrument: Die Selbstständigkeit als Maß der Pflegebedürftigkeit" heruntergeladen oder bestellt werden:
 

md-bund.de/themen/pflegebeduerftigkeit-und-pflegebegutachtung/das-begutachtungsinstrument.html

und viele weitere.

 

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