Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2021
Schwangerschaft und Elternschaft bei Opioidabhängigkeit
Angst, Hoffnung, Schuld - werden opioidabhängige Frauen schwanger, stürzt sie das häufig in ein Gefühlschaos. Opiate und Opioide passieren die Plazentaschranke und sind im Organismus des Fötus nachweisbar. Eine Opioidabhängigkeit birgt daher ein Risiko für Früh- und Fehlgeburten sowie gravierende Entwicklungsschäden, insbesondere im neurologischen Bereich. Betroffene sollten sich unbedingt so früh wie möglich ärztliche Hilfe suchen und weitere Unterstützungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen.
Hilfe für opioidabhängige Schwangere
Für die Schwangere und für das ungeborene Leben ist eine frühe, enge Zusammenarbeit der verschiedenen Hilfesysteme unerlässlich. Dies können als erste, niederschwellige Ansprechpartner Suchtberatungsstellen, dann der (substituierende) Arzt, ambulante oder stationäre Therapieeinrichtungen, Frauenarzt, Geburtsklinik, Hebamme, koordinierende Kinderschutzstellen sowie das Jugendamt sein.
Fällt die Entscheidung für ein Austragen der Schwangerschaft, können in diesem Rahmen weitere soziale Grundfragen geklärt werden:1
- Wie sind die Wohnverhältnisse (fester Wohnsitz, Wohnung ausreichend groß)?
- Wie steht es um die finanzielle Grundversorgung (Grundsicherung, Job, Beruf)?
- Lässt sich soziale Unterstützung organisieren (Mutter, Schwiegermutter, Kindsvater, Geschwister, Freundinnen)?
- Sind weitere Hilfen durch das Jugendamt, durch Gesundheits- und Sozialdienste nötig?
Das kostenlose, bundesweite Hilfetelefon "Schwangere in Not – anonym und sicher" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist rund um die Uhr für Sie erreichbar: Tel. (0800) 40 40 020.
Entzug und Substitution während der Schwangerschaft
Ein kalter Entzug, also ein abruptes Absetzen des Suchtmittels während der Schwangerschaft, ist für das ungeborene Kind ein erhebliches Risiko und sollte daher unbedingt vermieden werden. Der Gesetzgeber empfiehlt den Beginn einer Substitutionsbehandlung bei bekannter Schwangerschaft.2 Opiatabhängige Schwangere werden meist mit Methadonrazemat, Levomethadon oder Buprenorphin substituiert.3
Nach der Geburt kommt es in 75-90 % der Fälle zum neonatalen Entzugssyndrom (NAS) des Säuglings. Der Stoffaustausch von Mutter und Kind über die Plazenta führt während der Schwangerschaft nämlich auch beim Ungeborenen zu einer Abhängigkeit. Nach der Geburt leidet der Säugling dann unter einer Drogenabstinenz und Entzugssymptomen wie Schreien, Reizbarkeit, Erbrechen und Durchfall. In dieser, für Mutter und Kind oft sehr belastenden Zeit ist ein die Mutter-Kind-Bindung förderndes Umfeld und Unterstützer-System sehr wichtig.

Kinder opioidabhängiger Eltern
Wenn Mutter und/oder Vater opioidabhängig sind, ist in der Regel das gesamte Familiensystem sehr belastet. Häufig fällt es suchtmittelabhängigen Eltern schwer, ihre Kinder bestmöglich zu versorgen und zu fördern. Für Kinder sind ständige Stimmungswechsel, häufige Streits, psychische oder körperliche Gewalt und Vernachlässigung existentiell bedrohlich. Auch das Milieu in dem sich abhängige Eltern unter Umständen bewegen, kann traumatisierende Folgen haben.
Es gibt Beratungsstellen, die Familien mit Suchtproblematik Hilfen vermitteln oder diese selber anbieten, z. B. in Form von Kindergruppen. Kindern wird hier vermittelt, was mit ihren Eltern los ist, wie sie mit ihren Gefühlen umgehen und wie sie nötigenfalls Hilfe holen können. Derartige Angebote der lokalen Sucht- und Familienhilfe stärken das gesamte Familiensystem und können Schäden in der Entwicklung auffangen.
Anlaufstellen und weitere Informationsquellen
Als Eltern drogengefährdeter und drogenabhängiger Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener finden Sie beim Bundesverband der Elternkreise suchtgefährdeter und suchtkranker Söhne und Töchter e. V. (BVEK) Unterstützung, Rat und Hilfe: http://www.bvek.org
NACOA Deutschland ist die Interessenvertretung für Kinder, die in ihren Familien unter einer Suchterkrankung der Eltern bzw. Bezugspersonen leiden. Betroffene können sich immer dienstags von 10 bis 11 Uhr und von 20 bis 21 Uhr oder nach vorheriger Terminvereinbarung unter Tel. (030) 35 12 24 29 kostenlos beraten lassen. Auf der Webseite gibt es zudem eine Adressliste mit bundesweiten Hilfeangeboten:http://www.nacoa.de
1Vgl: Positionspapier „Drogen - Schwangerschaft - Kind“ des Fachverband Drogen und Rauschmittel e.V., 2009, S. 14.
2Vgl. BtMVV § 5 Abs. 2 Satz 5
3Positionspapier „Drogen - Schwangerschaft - Kind“ des Fachverbands Drogen und Rauschmittel e.V., S. 13.