Zuletzt aktualisiert am 20. Juli 2022

Soziotherapie

(§§ 37a, 92 SGB V)

Soziotherapie ist eine fachspezifische ambulante Betreuung von schwer psychisch kranken Menschen, die dadurch in die Lage versetzt werden sollen, ärztliche und ärztlich verordnete Leistungen eigenständig in Anspruch zu nehmen.

Sie wurde mit der Gesundheitsreform 2000 eingeführt, um Krankenhausaufenthalte zu verkürzen bzw. zu vermeiden.

Wer kann eine Soziotherapie verordnen?

Grundsätzlich kann eine Soziotherapie nur von Ärzten verordnet werden, die hierfür eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung haben. Dazu zählen folgende Fachgruppen:

  • Neurologie
  • Nervenheilkunde
  • Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
  • Psychiatrie und Psychotherapie
  • Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Kinder- und Jugendpsychotherapeuten
  • Psychiatrische Institutsambulanzen
  • Fachärzte mit Zusatzweiterbildung Psychotherapie (seit Oktober 2020)

Andere Vertragsärzte wie Hausärzte können Patienten zu diesen Fachärzten überweisen. Für die Verordnung verwenden sie spezielle Vordrucke.

Hinweis: Hat der überweisende Arzt Zweifel, dass der Patient den Facharzt aufsucht, kann er eine Verordnung mit maximal 5 Therapieeinheiten ausstellen und einen soziotherapeutischen Leistungserbringer hinzuziehen. Ziel ist es, dass der psychisch kranke Mensch die Überweisung wahrnimmt.

Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Eine Soziotherapie kann verordnet werden, wenn damit der Krankenhausaufenthalt verkürzt oder sogar ganz vermieden werden kann oder wenn eine Krankenhausbehandlung erforderlich wäre, aber nicht durchgeführt werden kann.

Für Menschen, die an folgenden schweren psychischen Erkrankungen leiden, kann diese Therapieform beantragt werden:

  • Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis (z. B. Schizophrenie, wahnhafte Störungen)
  • Störungen des Affekts (z. B. depressive Episoden mit psychotischen Symptomen, Bipolare Störungen)

Zusätzlich müssen bestimmte Fähigkeiten gestört sein:

  • Probleme beim Antrieb, der Ausdauer und Belastbarkeit
  • Einschränkungen im planerischen Denken und Handeln mit fehlendem Realitätsbezug
  • Störungen im Verhalten, in der Konfliktlösung und mangelnde Kontaktfähigkeit
  • Störungen der Kognition wie der Fähigkeit zur Konzentration, zum Merken, zum Lernen sowie zum problemlösenden Denken
  • mangelnde Krankheitseinsicht und -verständnis
  • Probleme beim Erkennen von Konflikten und Krisen

Soziotherapie wird häufig für Patienten verordnet, deren Krankheitsverlauf schwer und chronifizierend ist und bei denen bereits mehrfache stationäre Aufenthalte notwendig gewesen sind.

Wie lange dauert eine Soziotherapie?

Prinzipiell ist die Dauer abhängig von der Krankheit des einzelnen Patienten. Meist wird die Therapie als Einzelmaßnahme in einem Zeitraum von maximal 3 Jahren mit insgesamt 120 Stunden erbracht. In besonderen Fällen kann die Therapie auch in der Gruppe mit einer maximalen Größe von 12 Teilnehmern erfolgen.

Wer bietet eine Soziotherapie an?

Zunächst unterstützt der Arzt den Patienten bei der Auswahl einer geeigneten Einrichtung.
Die Leistung darf nur von Sozialarbeitern/Pädagogen und Fachpflegekräften für Psychiatrie mit Berufserfahrung und Zulassung zum Soziotherapeuten erbracht werden.

Wer bezahlt eine Soziotherapie?

Kostenträger der Soziotherapie ist die Krankenkasse. Die beantragte Therapie muss vorab von dieser geprüft und genehmigt werden (Ausnahme: 3 Therapieeinheiten zur Sicherstellung des Facharztbesuches). Hierfür kann die Krankenkasse den Medizinischen Dienst (MD) involvieren.

Der Versicherte muss pro Kalendertag einen Eigenanteil in Höhe von 10 % der Kosten, mindestens 5 € und höchstens 10 € pro Tag, übernehmen.

Inhalte der Soziotherapie

Arzt, Soziotherapeut und Patient erstellen gemeinsam den Betreuungsplan, in dem Inhalte des ärztlichen Behandlungsplans enthalten sein sollen: Die Anamnese, die Diagnose, die Therapieziele mit den erforderlichen therapeutischen Maßnahmen, die zeitliche Strukturierung sowie die Prognose.

Der Soziotherapeut koordiniert dabei die folgenden Leistungen:

  • aktive Hilfe, wie auch Hilfe zur Selbsthilfe
  • Übungen zur Verbesserung von Belastung, Motivation und Ausdauer im sozialen Umfeld des Patienten (Unterstützung durch Familie und Freunde ist hier sehr wichtig)
  • Training von Verhaltensänderungen, Tagesstrukturierung und Konfliktlösungsmöglichkeiten
  • Hilfestellung bei Krisen
  • Anleitung zur Verbesserung und Verstärkung der individuellen Krankheitswahrnehmung

Therapieziele

Um die folgenden Ziele schrittweise zu erreichen, werden sie in der Regel in Teilziele untergliedert:

  • die Soziotherapie soll dem Patienten ermöglichen, ärztliche und ärztlich verordnete Maßnahmen (wieder) in Anspruch nehmen zu können
  • Fähigkeiten im psychosozialen Bereich werden gefördert, Defizite abgebaut
  • Akzeptanz und Selbstständigkeit in Bezug auf die erforderlichen Leistungen verstärken sich
  • Entwicklung eines besseren Krankheitsverständnisses
  • Stärkung von Einsicht, Aufmerksamkeit, Initiative, Kontaktfähigkeit und Kompetenz

Um die Ziele optimal abstimmen zu können, sprechen sich der verordnende Arzt, der Leistungserbringer und der Patient in regelmäßigen Abständen, mindestens alle 2 Monate, ab.

Anlaufstellen und weitere Informationen

Bei Krankenkassen, sozialpsychiatrischen Diensten und Fachärzten für Psychiatrie und Nervenheilkunde erhältst Du Listen der örtlich zugelassenen Anbieter von Soziotherapie.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung bietet auf ihrer Webseite eine kostenfreie Broschüre zum Download an:

www.kbv.de/html/soziotherapie.php

Der gemeinsame Bundesausschuss hat zudem Richtlinien über die Durchführung von Soziotherapie veröffentlicht:

www.g-ba.de/richtlinien/24/

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