Zuletzt aktualisiert am 13. April 2022

Vollstationäre Pflege

(§ 43 SGB XI)

Manchmal ist die Versorgung eines pflegebedürftigen Menschen im häuslichen Bereich auch unter Einbindung teilstationärer Maßnahmen nicht möglich oder diese Option kommt aufgrund der individuellen Situation nicht in Betracht. Dann kann bei der Pflegekasse ein Antrag auf vollstationäre Leistungen gestellt werden.

Ein Umzug in ein Pflegeheim ist oft unumgänglich, weil es keine Pflegeperson gibt, weil sich das körperliche und geistige Befinden des Pflegebedürftigen sehr verschlechtert hat, weil die Pflegeperson überfordert ist oder weil eine hochgradige Verwirrtheit vorliegt, aufgrund derer eine Eigen- oder Fremdgefährdung besteht.

Meist wird diese Lebensveränderung als sehr einschneidend erlebt. Mit ihr ist das Abschiednehmen vom vertrauten Lebensumfeld und die Umstellung auf viel Neues verbunden. Die 24-Stunden-Versorgung im Pflegeheim wird allerdings von vielen pflegebedürftigen Menschen auch als deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität empfunden.

 

Kosten einer vollstationären Einrichtung

Die Kosten für einen Heimpflegeplatz variieren stark. Sie hängen ab von der Lage und Ausstattung des Hauses, vom Komfort und gebotenen Pflegeumfang. Seit 2017 verlangt jedes Heim einen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (eeE), d.h. jeder Bewohner zahlt unabhängig vom Pflegegrad den gleichen monatlichen Betrag an das Pflegeheim. Kann dieser nicht durch die Aufwendungen der Pflegekasse gedeckt werden, muss der Patient die Differenz selbst zuzahlen.

Der Pflegesatz beinhaltet alle Aufwendungen für pflegerische Versorgung, soziale Betreuung, nötige medizinische Behandlungspflege (soweit diese nicht von der Krankenkasse zu übernehmen ist) sowie Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten (Aufwendungen für Instandhaltungsmaßnahmen von Gebäuden etc.).

Kein Bestandteil des Pflegesatzes sind Zusatzleistungen wie beispielsweise Kosten für einen Fahr- und Begleitdienst zu Kulturveranstaltungen, kosmetische Fußpflege, chemische Reinigung von Kleidungsstücken oder zusätzliche pflegerische Tätigkeiten. Diese Zusatzleistungen sind vom Bewohner frei wählbar und müssen vom ihm selbst getragen werden. Dies gilt auch für Serviceleistungen wie Friseurbesuche und ähnliches.

Das Heimentgelt wird kalendertäglich berechnet, sodass je nach Länge des Monats unterschiedlich hohe Monatsabrechnungen erfolgen. Berechnungsbeginn ist der Tag des Einzugs. Die letzte Berechnung erfolgt für den Tag, an dem der Bewohner das Pflegeheim verlässt oder verstirbt.

Voraussetzungen

Zur Gewährung vollstationärer Leistungen müssen folgende Punkte vorliegen:

  • ein Antrag auf vollstationäre Pflegeleistungen wurde gestellt

und

und

Leistungen der Pflegekasse

Die Pflegekasse übernimmt in zugelassenen, vollstationären Pflegeeinrichtungen die Kosten für:

  • pflegebedingte Aufwendungen (Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung)
  • medizinische Behandlungspflege
  • soziale Betreuung

Die Höhe der Leistung ist abhängig vom Pflegegrad und wird monatlich ausbezahlt.

Kosten für Unterkunft und Verpflegung, sogenannte "Hotelkosten", werden von der Pflegekasse nicht übernommen und müssen vom Pflegebedürftigen getragen werden. Auch an den Investitionskosten, zu denen z. B. die Kosten zur Instandsetzung des Gebäudes und dessen technischen Anlagen, beteiligt sich die Pflegekasse nicht.

Höhe vollstationärer Pflegeleistungen 

Pflegegrad 1

125 € mtl. (Entlastungsbetrag)

Pflegegrad 2

770 € mtl.

Pflegegrad 3

1.262 € mtl.

Pflegegrad 4

1.775 € mtl.

Pflegegrad 5

2.005 € mtl.

Sonderfall: Wenn häusliche Versorgung möglich wäre

Pflegebedürftige können sich auch für eine vollstationäre Versorgung entscheiden, obwohl die Pflege im häuslichen Bereich möglich wäre.

Auch in diesem Falle zahlt die Pflegekasse die vollstationäre Pflegeleistung gemäß des vorhandenen Pflegegrades. Die vormals übliche vorherige Prüfung der sog. "Heimnotwendigkeit" entfällt.

Häuser ohne Vergütungsvertrag mit der Pflegekasse

(§ 91 Abs. 2 SGB XI)

Entscheidet sich der Pflegebedürftige für ein Pflegeheim welches keinen Vertrag mit der Pflegekasse hat, bekommt er nur 80 % des jeweiligen Höchstbetrages von der Pflegekasse erstattet. Den Restbetrag muss er selbst bezahlen, das Sozialamt übernimmt dies nicht.

Besonderheit der Bundesländer

Um Pflegeheimbewohner zu entlasten, beteiligen sich 3 Bundesländer an den Kosten für die Investitionsaufwendungen und übernehmen für Bedürftige, die sich in einer zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtung befinden und mindestens Pflegegrad 2 haben, ein monatliches Pflegewohngeld. Der Zuschuss ist einkommens- und vermögensabhängig und wird meist direkt an die Einrichtung überwiesen.

  • Mecklenburg-Vorpommern (§ 9 Landespflegegesetz)
  • Nordrhein-Westfalen (§ 14 Gesetz zur Umsetzung des Pflege-Versicherungsgesetzes-Landespflegegesetz Nordrhein-Westfalen)
  • Schleswig-Holstein (§ 6 Landespflegegesetz)

Der Antrag auf Gewährung von Pflegewohngeld muss entweder vom Pflegeheim oder vom Bewohner gestellt werden.

Eigenanteil und Finanzierung

Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil (EEE) bezeichnet den Anteil an den Pflegekosten in Pflegeheimen, der über die Leistungsbeträge der Pflegekasse hinausgeht und von den Pflegebedürftigen selbst bezahlt werden muss.
 Der EEE berechnet sich aus der Differenz zwischen den übernommenen Kosten der Pflegekasse und dem ind. Pflegesatz der Pflegeeinrichtung.

 Seit dem 1. Januar.2022 leistet die Pflegekasse einen Zuschlag zum Eigenanteil,abhängig von der Aufenthaltsdauer des Pflegebedürftigen im Pflegeheim.
Anspruch auf diesen Leistungszuschlag haben Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 bis 5, der bei der Pflegekasse nicht beantragt werden muss.

Aufenthaltsdauer im Heim Leistungszuschlag
bis einschließlich 12 Monate 5 %
mehr als 12 Monate 25 %
mehr als 24 Monate 45 %
mehr als 36 Monate 70 %

Neben dem einrichtungseinheitlichen Eigenanteil für die Pflege müssen die Kosten für Unterkunft und Verpflegung (sog. Hotelkosten) sowie Investitionskosten (z.B. Reparaturkosten) durch die Pflegebedürftigen selbst getragen werden.

Die Differenz zwischen den Gesamtkosten für die vollstationäre Pflege und den Leistungen der Pflegekasse ist oft erheblich. Einkommen und Vermögen vieler Pflegebedürftiger reichen häufig nicht aus, um die finanzielle Lücke zu schließen.

In diesen Fällen sind primär die nahen Angehörigen wie Eltern, Ehepartner oder Kinder im Rahmen der Unterhaltspflicht gefordert, den Pflegebedürftigen finanziell zu unterstützen. Gemäß dem Angehörigen-Entlastungsgesetz müssen Kinder jedoch erst ab einem jährlichen Bruttoeinkommen von 100.000 € zum Unterhalt der Eltern beitragen.

Können die Kosten des Pflegeheimes auch nicht mit Hilfe der unterhaltspflichtigen Familienmitglieder gedeckt werden, kann beim Sozialamt ein Antrag auf Unterstützung gestellt werden (siehe auch: Hilfe zur Pflege)

Bis geklärt ist, wer und in welcher Höhe unterhaltspflichtig ist, kann beim Sozialamt ein Antrag auf Hilfe zur Pflege gestellt werden. Das Sozialamt geht nun primär in Vorleistung, prüft die Unterhaltspflicht, legt diese fest und fordert gegebenenfalls bereits geleistete Zahlungen von den Unterhaltspflichtigen zurück.

Inhaltsverzeichnis