Zuletzt aktualisiert am 7. November 2022

Vorsorgevollmacht

Jeder Mensch kann durch Unfall, Krankheit oder Behinderung plötzlich nicht mehr in der Lage sein, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Benötigt wird dann eine Person, die sich um die alltäglichen Geschäfte und die persönlichen Bedürfnisse kümmert. In einer Vorsorgevollmacht kann man schon vor dem Ernstfall festlegen, wer diese Person sein soll. Auch die eigenen Kinder oder der Ehepartner können ohne eine Vollmacht nicht rechtsverbindlich handeln.

Eine Vorsorgevollmacht kann jeder erstellen, der volljährig und geschäftsfähig ist. Sie ist vor allem dann geeignet, wenn man einer Person so vertraut, dass man ihr die Regelung der eigenen Angelegenheiten übertragen möchte. Gibt es eine solche Person nicht oder bestehen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit, kann eine Betreuungsverfügung die bessere Wahl sein.

Geschäftsfähigkeit
Jemand ist geschäftsfähig, wenn er selbst seinen Willen bilden und sein Handeln in Rechtsgeschäften beurteilen und verstehen kann. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) ist geschäftsunfähig, wer sich in einem Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, der die Bildung eines freien Willens ausschließt.

Inhalt einer Vorsorgevollmacht

Häufig soll mit einer Vorsorgevollmacht die spätere Bestellung eines rechtlichen Betreuers schon im Vorfeld vermieden werden. Deshalb sollten Betroffene möglichst alle Aufgaben, für die eine rechtliche Vertretung notwendig ist, in einer Vollmacht benennen.

 

Folgende Angelegenheiten können in einer Vorsorgevollmacht geregelt und sollten dort auch explizit genannt werden:

  • Gesundheitssorge und Pflege
    Dies beinhaltet Entscheidungen über medizinische Behandlungen und die pflegerische Versorgung. Bestimmte Bereiche müssen in der Vollmacht aufgrund gesetzlicher Vorgaben ausdrücklich benannt werden. Dazu gehört die Vertretung bei der Einwilligung in Operationen. Wenn die Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet, bedarf es bei derartigen medizinischen Eingriffen der Genehmigung durch das Betreuungsgericht (§1904 BGB). Das gilt auch bei der Entscheidung über sogenannte freiheitsentziehende Maßnahmen, also z.B. bei der Unterbringung in eine beschützende Abteilung eines Pflegeheims, bei Anwendung von fixierenden Maßnahmen (Bettgitter o.ä.) oder sedierenden Medikamenten.

 

 

  • Aufenthaltsbestimmung
    Der Bevollmächtige kann über den Wohnort und die geeignete Wohnform, also z.B. den Umzug in ein Pflegeheim, entscheiden. Er kann z. B. einen Heimvertrag abschließen oder auch kündigen.
  • Wohnungsangelegenheiten
    Dazu gehören der Abschluss oder die Kündigung von Mietverträgen. Soll der Bevollmächtigte auch Immobiliengeschäfte tätigen können, muss die Vollmacht durch einen Notar beurkundet werden.
  • Vermögenssorge und laufende finanzielle Geschäfte
    Der Vollmachtgeber kann verfügen, dass Rechnungen beglichen werden können oder das Vermögen verwaltet werden kann.

 

 

  • Post- und Fernmeldeverkehr
    Die Entgegennahme und Bearbeitung von Post sowie die Entscheidung über Verträge zu Telefon, Fax, Internet, Email und Fernsehen, also den Fernmeldeverkehr.

 

 

  • Vertretung bei Ämtern, Behörden und vor Gericht
    Bei einer Krankheit gibt es viele Dinge bei Ämtern oder Versicherungen zu regeln. Anträge müssen fristgerecht gestellt, Leistungen eingefordert und gegebenenfalls sogar vor Gericht erstritten werden. Deshalb ist es notwendig, dass ein Vertreter in diesen Angelegenheiten handlungsfähig ist.

Ergänzende Betreuungsverfügung

Sollte trotz ausführlicher Vollmacht eine gesetzliche Betreuung notwendig sein, ist diese Ergänzung empfehlenswert. Hierdurch wird der Wunsch ausgedrückt, dass der Bevollmächtigte vom Betreuungsgericht als rechtlicher Betreuer eingesetzt werden soll. Gegebenenfalls kann hier auch eine weitere Person benannt werden, die ersatzweise eine Betreuung übernehmen soll, wenn der Bevollmächtigte nicht in der Lage ist, sich um die notwendigen Geschäfte zu kümmern.

Der Bevollmächtigte - der "Kümmerer"

Die Person, die mit der Vollmacht betraut wird, muss volljährig und geschäftsfähig sein, sie sollte mit der Bevollmächtigung einverstanden sein und möglichst frühzeitig in die Erstellung der Vollmacht mit einbezogen werden.

Da der Bevollmächtige lebenswichtige Dinge regeln soll, sollte es sich um jemanden handeln, dem man wirklich vertraut, etwa Ehepartner, Kinder oder langjährige Freunde. Menschen, die in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung leben, dürfen den dort beschäftigten Mitarbeitern keine Vorsorgevollmacht erteilen.

Bei der Ausübung der Vollmacht kann es auch Situationen geben, in denen Unterstützung benötigt wird. Der Bevollmächtigte kann sich dann bei Betreuungsvereinen oder der zuständigen Betreuungsbehörde beraten lassen.

 

Vollmacht für mehrere Personen

Es kann sinnvoll sein, nicht nur einer einzigen Person eine Vollmacht auszustellen. Es gibt hier mehrere Möglichkeiten:

Getrennte Vollmacht für einzelne Bereiche

Die Vollmacht aufzuteilen, also der einen Person den einen, einer weiteren Person einen anderen Bereich zu übertragen, bietet sich vor allem an, wenn diese Personen besondere Kenntnisse haben.

Beispiel

Ein Vater möchte, dass sich seine Tochter als Bankkauffrau um die Regelung der finanziellen Geschäfte und der Vermögensverwaltung kümmert. Der Sohn soll alle Entscheidungen rund um die Gesundheit treffen, da er als Krankenpfleger entsprechende Fachkenntnis besitzt.

 

Trotz einer klaren Regelung, wer für welchen Bereich zuständig ist, kann es zu Überschneidungen kommen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn es um Kosten für Gesundheit und Pflege geht. Die beiden Bevollmächtigten müssen dann in der Lage sein, sich im Sinne des Vollmachtgebers abzustimmen.

Gleichzeitige Vollmacht für mehrere Personen

Eine Vollmacht kann auch so ausgestellt werden, dass mehrere Personen gleichzeitig bevollmächtigt werden. Es gibt hier zwei Varianten:

  1. Die Bevollmächtigen können unabhängig voneinander handeln
  2. Die Personen müssen Entscheidungen gemeinsam treffen

Variante 1 hat den Vorteil, dass jeder der Bevollmächtigten schnell und unkompliziert handeln kann. Voraussetzung ist, dass sich die Personen gut miteinander abstimmen und keine widersprüchlichen Entscheidungen getroffen werden.

Variante 2 zwingt die Bevollmächtigten dazu, Entscheidungen abzustimmen. Allerdings besteht die Gefahr, dass es keine Einigung gibt und sich so Entscheidungen verzögern.
 

Vollmacht bei Verhinderung

Wird nur eine Person bevollmächtigt, kann es z. B. durch Urlaub oder Krankheit dazu kommen, dass sie Aufgaben nicht wahrnehmen kann. Für solche Situationen kann eine Vollmacht bei Verhinderung oder Ersatzvollmacht erstellt werden.

Untervollmacht

Es kann sein, dass der Bevollmächtigte sich nicht zu jeder Zeit mit der entsprechenden Kompetenz um alle benannten Aufgaben kümmern kann. Deshalb gibt es die Möglichkeit, es dem Bevollmächtigten freizustellen, eine weitere Person mit bestimmten Angelegenheiten zu betrauen, also einem Dritten eine sogenannte Untervollmacht zu erteilen.

Schutz vor Missbrauch einer Vollmacht

Eine Vorsorgevollmacht wird nur einer sehr nahestehenden Person ausgestellt, in der Regel soll diese sich bis zum Tod um die Belange des Vollmachtgebers kümmern, ggf. sogar darüber hinaus. Eine Kontrolle durch das Betreuungsgericht findet nicht statt. Um das Risiko vor Missbrauch einer Vorsorgevollmacht möglichst gering zu halten, gibt es gesetzliche Regelungen:

Ein Bevollmächtigter darf nicht im Auftrag des Vollmachtgebers mit sich selbst Geschäfte schließen, also sich z. B. selbst dessen Vermögen überschreiben. Das Betreuungsgericht kann zudem einen Kontroll-Betreuer einsetzen, wenn der Bevollmächtigte missbräuchlich handelt. Darüber hinaus kann der Vollmachtgeber selbst einen Dritten festlegen, der den Bevollmächtigten kontrollieren soll. Auch die Erteilung der Vollmacht für mehrere Personen kann dazu dienen, dass sich diese gegenseitig kontrollieren und Entscheidungen so im Sinne des Vollmachtgebers getroffen werden.

 

Form einer Vorsorgevollmacht

Gesetzliche Vorschriften, in welcher Form eine Vollmacht erstellt werden muss, gibt es nicht. Die Vollmacht muss allerdings schriftlich verfasst werden und sollte gut lesbar sein, wenn sie von anderen anerkannt werden soll. Wichtig sind Unterschrift und Datum. Ein offizieller Vordruck muss für die Vollmacht nicht verwendet werden. Da die Vollmacht möglichst umfassend sein soll, kann es aber sehr hilfreich sein, auf entsprechende Formulare zurückzugreifen. Geeignete Formulare finden Sie zum Beispiel beim Bundesministerium der Justiz  

www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Formulare/Vorsorgevollmacht.html?nn=6425014

oder hier.

Gültigkeit einer Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht ist so lange gültig, bis der Vollmachtgeber sie widerruft. Dies ist jederzeit möglich, vorausgesetzt der Vollmachtgeber ist geschäftsfähig. Wenn der Verfasser seine Geschäftsfähigkeit verliert – z. B. durch eine Demenzerkrankung - bleibt die Vollmacht in vollem Umfang gültig und kann nicht mehr rechtswirksam verändert oder widerrufen werden.

Keine Einschränkungen

In der Vollmacht sollten keine Bedingungen wie „falls ich geschäftsunfähig bin" oder „wenn meine geistigen Kräfte nicht mehr ausreichen..." formuliert werden. Der Bevollmächtigte müsste sonst erst nachweisen, dass dieser Zustand tatsächlich eingetreten ist. Die Vollmacht sollte im Außenverhältnis, d. h. gegenüber Dritten, ab sofort gültig sein. Im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem kann jedoch in einem gesonderten Schreiben formuliert werden, dass die Vollmacht erst für den Fall bestimmt ist, wenn der Vollmachtgeber seine Rechtsgeschäfte selbst nicht mehr regeln kann.

Notarielle Beglaubigung

Durch eine öffentliche Beglaubigung bestätigt ein Notar, dass die Unterschrift tatsächlich vom Unterzeichner stammt. Eine Beglaubigung kann auch die zuständige Betreuungsbehörde ausstellen. Sie ist in den Bundesländern Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen notwendig, wenn der Bevollmächtigte die An- und Abmeldung bei der Meldebehörde vornehmen soll. Die gesetzlichen Gebühren für eine Beglaubigung beim Notar richten sich nach dem Vermögen des Vollmachtgebers und betragen zwischen 20 € und 70 € (zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer) (Anlage 1, Nr. 25100 zu GNotKG).

Notarielle Beurkundung

Mit einer Beurkundung bestätigt der Notar, dass er über den Inhalt der Vollmacht beraten hat und dass keine Zweifel an der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers bestehen. Die gesetzlichen Gebühren sind ebenso vom Vermögen des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Beurkundung der Vorsorgevollmacht abhängig. Sie betragen mindestens 60 € und höchstens 1.735 € (zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer) (Anlagen zu GNotKG). Beim Notar fallen zusätzliche Gebühren an, wenn zusätzlich auch eine Patientenverfügung und/oder Betreuungsverfügung beurkundet wird.

Aktualisierung

Um Zweifel an der Gültigkeit der Vorsorgevollmacht auszuschließen, sollte sie regelmäßig aktualisiert werden. Dafür gibt es zwar keine gesetzliche Verpflichtung oder Fristen. Empfehlenswert ist jedoch einmal im Jahr, spätestens nach zwei Jahren die Vollmacht zu prüfen und mit neuem Datum und Unterschrift zu versehen.

Geringfügige Änderungen sind an der entsprechenden Stelle mit aktuellem Datum zu kennzeichnen und dort zu unterschreiben.

Zur besseren Lesbarkeit und Klarheit empfiehlt es sich bei umfangreichen Änderungen oder Ergänzungen, die Vollmacht komplett neu zu erstellen und mit aktuellem Datum zu unterschreiben.

Gültigkeit über den Tod hinaus?

Eine Vollmacht endet in der Regel mit dem Tod des Vollmachtgebers. Nach dem Tod ist zunächst das Nachlassgericht zuständig, einen Rechtsnachfolger (Erben) zu bestimmen, der sich um das weitere Vermögen des Verstorbenen kümmert. Dies dauert unter Umständen mehrere Wochen oder gar Monate. Gerade nach dem Tod sind jedoch schnell einige Dinge zu regeln, z. B. Organisieren der Bestattung, Begleichen von Rechnungen und ähnliches. In der Vorsorgevollmacht sollte deshalb klargestellt werden, ob die Vollmacht über den Tod hinaus gelten soll oder nicht. Dies sollte auch bei Erstellung einer Bankvollmacht bedacht werden.

Aufbewahrung der Vollmacht

Die Vorsorgevollmacht ist nur dann gültig, wenn der Bevollmächtigte sie im Original vorlegen kann. Er sollte deshalb wissen, wo die Vollmacht aufbewahrt wird und schnell auf sie zugreifen können. Der Bevollmächtige kann auch schon vorab das Original erhalten. Eine Kopie sollte der Vollmachtgeber aber auf jeden Fall aufbewahren.

Zentrales Vorsorgeregister

In manchen Situationen, z. B wenn Lebensgefahr besteht, muss das Betreuungsgericht sehr schnell prüfen können, ob eine Vorsorgevollmacht existiert. Andernfalls wird eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Es macht daher Sinn die Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregisters der Bundesnotarkammer zu registrieren. Das Betreuungsgericht kann dann schnell auf die Daten zugreifen.

Das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR) ist eine bundesweite Registrierungsstelle für Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen. Es werden hier nur die Eckdaten der Verfügung eingetragen, also Namen und Anschrift des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten sowie der Umfang der Vollmacht. Das Dokument der Vollmacht kann beim Register nicht hinterlegt werden.

Gebühren und Anmeldung

Die Gebühren für die Registrierung betragen einmalig zwischen 13 € und 18,50 € für Privatpersonen, je nachdem, ob die Anmeldung über das Internet oder postalisch erfolgt. Wenn mehr als ein Bevollmächtigter registriert wird oder wenn Änderungen vorgenommen werden, fallen weitere Gebühren an.

Weitere Informationen und Anmeldung unter www.vorsorgeregister.de
oder bei der Bundesnotarkammer - Zentrales Vorsorgeregister -, Postfach 08 01 51,10001 Berlin, info@vorsorgeregister.de, Telefon: 0800-3550500

Anlaufstellen und weitere Informationen

Zur Vorsorgevollmacht beraten und informieren Dich die örtlichen Betreuungsbehörden (auch Betreuungsstellen genannt), Betreuungsvereine, Betreuungsgerichte, Rechtsanwälte und Notare. 

Informationen zur Vorsorgevollmacht findest Du in der Broschüre "Betreuungsrecht" vom Bundesministerium der Justiz unter:

www.bmj.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Betreuungsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=34

 

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