Zuletzt aktualisiert am 6. März 2023
Widerspruch
(§§ 66, 83 ff. SGG)
In aller Regel hat eine Erkrankung auch einen Leistungsanspruch für den Betroffenen zur Folge. Das Spektrum möglicher sozialrechtlicher Ansprüche ist sehr breit und betrifft viele unterschiedliche Leistungsträger. Die meisten Leistungen müssen unabhängig davon, wer Träger der Leistung oder der Maßnahme ist, primär beantragt werden.
Die zuständige Behörde prüft, ggfs. unter Einbeziehung von Gutachtern, ob die Voraussetzungen zur Leistungsgewährung erfüllt sind. Ein sehr wichtiges Prüfkriterium bei vielen Leistungen ist hierbei die Kosten-Nutzen-Relation. Die Leistungsträger müssen beurteilen, ob versicherungsrechtliche und persönliche Voraussetzungen erfüllt sind und dem wirtschaftlichen Aspekt Rechnung getragen wird. Ist eine Voraussetzung nicht erfüllt, wird die Leistung nicht gewährt und der Versicherte erhält einen Bescheid mit Angabe des Ablehnungsgrundes.
Vorgehensweise bei Ablehnungen von Leistungsanträgen
Abgelehnte Leistungsanträge führen beim Versicherten in erster Linie zu Enttäuschung und Verärgerung, müssen jedoch nicht bedingungslos akzeptiert werden. Es gibt die Möglichkeit gegen den Bescheid eines Leistungsträgers Widerspruch einzulegen. Oftmals wird die Leistung im Zuge einer Widerspruchsbearbeitung gewährt.
Damit ein Widerspruch Erfolg hat, müssen verschiedene Regularien beachtet werden.
Der Widerspruch muss fristgerecht und formgerecht (schriftlich oder zur Niederschrift, eine telefonische Mitteilung ist ungültig) bei der Behörde eingereicht werden.
Der Widerspruch kann entweder schriftlich an die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, gerichtet werden, oder der Betroffene sucht die Behörde direkt auf und lässt dort seinen Widerspruch zur Niederschrift aufnehmen.
Frist- und formgerechte Widerspruchsabgabe
In der Regel geht aus dem Ablehnungsbescheid eine Rechtsmittelbelehrung hervor. Diese besagt bis zu welchem Zeitpunkt, in welcher Form und an welche Stelle der Widerspruch zu richten ist.
Um die Widerspruchsfrist zu wahren ist es grundsätzlich erforderlich der Behörde gegenüber schriftlich zu erklären, dass Widerspruch gegen die jeweilige Entscheidung eingelegt wird. Eine ausführliche Widerspruchsbegründung kann nachgereicht werden.
Wichtig: Im Regelfall muss der Widerspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids bei der jeweiligen Behörde eingehen. Fehlt im Bescheid des Leistungsträgers der Hinweis auf die Rechtsmittelbelehrung oder ist diese unrichtig, verlängert sich die Frist auf 1 Jahr.
Du solltest nachweisen können, dass Du Dein Widerspruchsschreiben fristgerecht eingereicht hast, deshalb:
- versende Dein Widerspruchsschreiben
- als Einschreiben mit Rückschein,
- per Telefax mit Sendebericht (auf eine persönliche/gescannte Unterschrift, eine eindeutige Faxkennung mit Namen und Anschlussnummer sowie die korrekt eingestellte Datum- und Uhrzeitanzeige an dem Gerät ist zu achten) oder
- per E-Mail mit elektronischer Signatur
- lasse Dir eine Bestätigung geben, wenn Du Deinen Widerspruch direkt bei der Behörde abgibst. Solange kein Eingangsstempel erteilt wurde, ist die persönliche Abgabe oder das persönliche Einwerfen in den Briefkasten (trotz Zeugen) kein Zugangsnachweis
- lasse Dir eine gegengezeichnete und mit Eingangsdatum versehene Kopie geben, wenn Dein Widerspruch von einem Sachbearbeiter der Behörde aufgenommen wird
Gestaltung und Inhalt eines Widerspruches
Damit der Widerspruch dem entsprechenden Fall zugeordnet werden kann, sollte er wesentliche Details, die u.a. dem Ablehnungsbescheid entnommen werden können, enthalten.
- Name und Kontaktdaten des Betroffenen, sowie aktuelles Datum
- Adresse, an die das Widerspruchsschreiben gerichtet werden soll
- im Betreff: Widerspruch gegen den Bescheid vom ...
- Bezugnahme auf Datum des Bescheides
- Nennung des Aktenzeichens/der Versichertennummer
- in der Anrede Name des Sachbearbeiters
Im Text sollte der Bezug zum Ablehnungsgrund hergestellt werden und eine nähere Ausführung der gegenteiligen Sicht erfolgen. Obwohl eine Widerspruchsbegründung nicht zwingend erforderlich ist, erhöht diese die Erfolgschancen deutlich. Eine detaillierte Beschreibung der Situation verbessert die Beurteilungssituation, was oft eine Bewilligung zur Folge hat.
Häufig liegen den Behörden nur unzureichende Kenntnisse zum jeweiligen Krankheitszustand vor. Bei Einlegung des Widerspruchs (üblicherweise innerhalb 1 Monats) kann zuerst Akteneinsicht (§ 25 SGB X) beantragt und sodann eine Begründung nachgereicht werden. So weiß der Betroffene genau, welche Unterlagen dem Leistungsträger vorlagen und kann nach Erhalt eine passende Widerspruchsbegründung formulieren.
Vorgehen der prüfenden Behörde
Primär prüft die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, den Vorgang erneut. Sofern sich der Widerspruch gegen die Krankenkasse richtet, involviert diese häufig den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, der den Sachverhalt aus medizinischer Sicht eingehend betrachtet. Kommt die Behörde zu dem Ergebnis, dass der Widerspruch begründet ist, wird der ursprüngliche Bescheid aufgehoben und die Leistung gewährt, d.h. "dem Widerspruch wird abgeholfen".
Ist aus Sicht der Behörde der Widerspruch unbegründet, wird dieser zurückgewiesen und der Vorgang der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vorgelegt. Diese prüft die Angelegenheit und erlässt einen Widerspruchsbescheid. Wird die Leistung weiterhin nicht gewährt, kann der Betroffene Klage vor dem Sozialgericht erheben. Zu beachten ist hierbei, dass einer Klage vor einem Sozialgericht stets ein Widerspruchsverfahren vorangehen muss (sogenanntes Vorverfahren).
Wenn der Leistungsträger nicht binnen 3 Monaten ohne zureichenden Grund über den Widerspruch entscheidet, können Betroffene Untätigkeitsklage erheben.
Wichtig: Im Gegensatz zu anderen Fachbereichen ist das Widerspruchsverfahren im Sozialrecht nicht mit Kosten verbunden.
Es mag in der Praxis vorkommen, dass Leistungsträger wie die Krankenkasse, nach Einreichen des Widerspruchs den Versichten kontaktieren. Für dieses Vorgehen ist seitens der Leistungsträger jedoch ein konkreter Anlass erforderlich. Damit über den Widerspruch entschieden wird, muss der Versicherte nicht aktiv mitwirken.
Ebenfalls kommt es vor, dass Versicherte gefragt werden, ob sie Ihren Widerspruch zurücknehmen möchten. Grundsätzlich dürfen sie bei der Ausübung ihres Rechtes nicht behindert werden. Sofern der Leistungsträger eine Rücknahme begründet nahelegt, ist er verpflichtet den Versicherten zugleich darüber aufzuklären, dass durch eine solche Rücknahme der weitere Rechtsweg ausgeschlossen ist.
Eine telefonische Rücknahme des Widerspruchs ist grundsätzlich unzulässig und bedarf der Schriftform.
Anlaufstellen und weitere Informationen
Sozialverband VdK Deutschland e.V.
Linienstraße 131
10115 Berlin
Telefon: 030 9210580-0
Telefax: 030 9210580-110
kontakt@vdk.de
und
Sozialverband Deutschland e.V.
Stralauer Str. 63
10179 Berlin
Telefon: 030 / 72 62 22 - 0
Telefax: 030 / 72 62 22 - 311
kontact@sovd.de
Beide Einrichtungen unterhalten bundesweit ein dichtes Netz an Beratungsstellen. Gegen eine geringe Monatsgebühr erhalten Betroffene Unterstützung und Beratung in sozialrechtlichen Angelegenheiten.