Zuletzt aktualisiert am 10. August 2022

Zuzahlungsbefreiung für chronisch erkrankte Menschen

(§ 62 SGB V)

Menschen mit chronischer Erkrankung befinden sich in der Regel in ständiger ärztlicher und fachtherapeutischer Behandlung. Sie benötigen Hilfsmittel, nehmen oft Medikamente ein und teilweise sind stationäre Krankenhausaufenthalte nötig. Für all diese Leistungen müssen Zuzahlungen entrichtet werden. Damit die Kosten nicht zu hoch werden, können sich Betroffene von Zuzahlungen befreien lassen.

Bei chronischen Erkrankungen kann die sogenannte Belastungsgrenze der Betroffenen herabgesetzt werden (siehe auch: Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung). Sie liegt dann bei 1 % des jährlichen Bruttoeinkommens. Für Menschen ohne chronische Erkankung beträgt die Grenze gewöhnlich 2 %.

Wird diese Grenze im Jahresverlauf erreicht, können sich Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen für den Rest des Kalenderjahres von weiteren Zuzahlungen befreien lassen. Unter Umständen kann auch zu Jahresbeginn der Betrag bis zur Belastungsgrenze im Voraus bezahlt werden.

Voraussetzungen

Wann eine schwerwiegende chronische Krankheit vorliegt, hat der Gemeinsame Bundesausschuss in der Chroniker-Richtlinie definiert. Demnach gilt die 1 % Regelung für chronisch erkrankte Menschen, die wenigstens 1 Jahr lang, mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurden (sog. Dauerbehandlung) und mindestens eine der nachfolgend genannten Kriterien erfüllen:

oder

  • Grad der Behinderung (GdB) / Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) / Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von mindestens 60

oder

  • eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- oder Hilfsmitteln), ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die Erkrankung zu erwarten ist

Nachweis der chronischen Erkrankung

Damit chronisch erkrankte Menschen, die 1 %-Belastungsgrenze in Anspruch nehmen können, müssen sie ihre chronische Erkrankung durch folgende Nachweise belegen:

  • der GdB, die MdE oder der GdS sowie die Pflegebedürftigkeit müssen durch bestandskräftige Bescheide der ausstellenden Behörden bestätigt und in Kopie vorgelegt werden
  • in dem GdB-/MdE- bzw. GdS-Bescheid muss zudem die Krankheit notiert werden, wegen der sich der Patient in Dauerbehandlung befindet
  • die kontinuierliche Dauerbehandlung, das therapiegerechte Verhalten und die Wahrnehmung von Gesundheits- und Krebsfrüherkennungsuntersuchungen wird mittels einer ärztlichen Bescheinigung nachgewiesen
  • von einer Dauerbehandlung wird bei Vorlage der Pflegegrade 3, 4 oder 5 nach Ablauf eines Jahres seit dem Beginn der Pflegebedürftigkeit ausgegangen

Gesundheits- und Krebsfrüherkennung

Für Menschen mit chronischer Erkrankung, die nach dem 01.04.1972 geboren sind, gilt die niedrigere Belastungsgrenze von 1 %, wenn sie nach Vollendung ihres 35. Lebensjahres jedes zweite Jahr an einem allgemeinen Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten (§ 25 SGB V) - insbesondere von Diabetes, Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen - teilgenommen haben. Im anderen Fall, also bei keiner Teilnahme an einem allgemeinen Gesundheitscheck gilt die allgemeine Belastungsgrenze von 2 %.

Die ermäßigte Belastungsgrenze greift jedoch wieder, wenn der chronisch erkrankte Versicherte an einem für seine Erkrankung bestehenden strukturierten Behandlungsprogramm (nach § 137f SGB V) teilnimmt. Abhängig von ihrem Alter können Versicherte bei einer späteren Krebserkrankung, für die Früherkennungsuntersuchungen angeboten werden, die reduzierte Belastungsgrenze nur geltend machen, wenn sie nachweislich über Chancen und Risiken der jeweiligen Früherkennung beraten wurden. Diese Regelung gilt für weibliche Versicherte, die nach dem 01.04.1987 geboren sind und für männliche Versicherte, die nach dem 01.04.1962 geboren sind.

Früherkennungsuntersuchungen gibt es für folgende onkologische Erkrankungen:

  • Brustkrebs
  • Darmkrebs
  • Gebärmutterhalskrebs (Zervix-Karzinom)

Ausgenommen von der Pflicht zur Beratung sind:

  • Versicherte mit schweren psychischen Erkrankungen
  • Versicherte mit schwerer geistiger Behinderung
  • Versicherte, die bereits an der Erkrankung leiden, die untersucht werden soll

Dem Versicherten wird vom Arzt, der berechtigt ist die entsprechende Untersuchung durchzuführen, ein Präventionspass ausgehändigt. Dieser dient als Nachweis, dass der Patient innerhalb von 2 Jahren nach Erreichen des Anspruchsalters über Chancen und Risiken der Früherkennung beraten wurde.

Anlaufstellen und weitere Informationen

Im Artikel Zuzahlungen zur Krankenversicherung erhältst Du weitere Informationen, wie Du die Belastungsgrenze berechnen und praktisch vorgehen kannst.

Die vom gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) entwickelte sogenannte Chroniker-Richtlinie kann auf der Internetseite des G-BA heruntergeladen werden:

www.g-ba.de/informationen/richtlinien/8/

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